Von wegen Wildnis: Die ältesten Zeugnisse von Zivilisation sind in Jordanien im Wadi Rum zu finden.

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Allerdings braucht man dafür etwas Zeit und einen guten Guide, der die Spuren prähistorischer Siedlungen deuten kann.

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In Jerasch setzten die Römer dagegen weithin sichtbare Zeichen - etwa in Form des Hadrian-Tors.

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Anreise & Unterkunft

Mit Royal Jordanian nach Amman. Unterkunft in Amman: Hotel Landmark.
Totes Meer: Hotel Ishtar; Wadi Musa: Petra Guest House.
Guides: www.tourguides.com.jo
Weitere Infos: www.visitjordan.com

Grafik: DER STANDARD

Die Dreiviertelstunde vom Queen Rania Airport hinein in die jordanische Hauptstadt Amman ist kurzweilig. Viel gibt's zu sehen am Rande der Schnellstraße. Der Desert Highway scheint in Stadtnähe eine beliebte Picknick-Location zu sein. Ganze Großfamilien treffen sich auf Pannenstreifen und Parkplätzen. Entsprechend gemütlich geht's auf der Straße zu, man plaudert aus dem Autofenster, wer vorbei will, soll halt hupen. Ebenso gut wie die Kommunikation funktioniert die Müllentsorgung durchs Autofenster. Esel und Ziegen auf der Suche nach Grün übernehmen das Recycling.

Je näher man der Großstadt kommt, umso stattlicher werden die Villen an der Hauptverkehrsroute. Wer etwas auf sich hält, leistet sich hier trotz explodierender Grundstückspreise eine Bleibe samt klassizistischem Portikus. Die Hauptstadt Amman mit ihren 2,3 Millionen Einwohnern kann die Landflüchtigen kaum mehr fassen. Längst ist die früher geltende Begrenzung auf maximal fünf Stockwerke gefallen, Büro- und Wohntürme wachsen in die Höhe. Die neuen Hotel- und Konferenzzentren werden nachts zu glamourösen Leuchttürmen. Die Stadt zwischen Jordantal und Wüste ist diskreter Konferenzort, hier bemühen sich Vertreter der Großmächte um Frieden in den Brennpunkten des Nahen Osten.

"Jordanien schützt den Westen", ist unser Guide Osama Otoum überzeugt. Und wären da nicht die TV-Nachrichten, die in jeder Hotellobby mit Spannung verfolgt werden, würde man als Tourist nichts aus den wenige Autostunden entfernten Krisenstaaten Syrien oder Israel mitbekommen. Jordanien sei sicher, das "arabische Chaos", wie unser Guide den Arabischen Frühling nennt, habe seine Heimat noch nicht erreicht.

Kopfzerbrechen bereiten weltoffenen Jordaniern aber die Islamisten. Deren Handschrift wird im Straßenbild nach und nach sichtbarer. Denn mag Königin Rania über Website und Blog noch so engagiert ein modernes Frauenbild vermitteln, die Anzahl konservativ gekleideter Frauen steigt. Fast frauenlos ist der Souk, der traditionelle Basar in der Altstadt. Ganz konträr das Wild Jordan Center: zeitgenössische Architektur, Design, Frauen in westlicher Kleidung. Hier bekommt man Informationen zu den jordanischen Naturschutzgebieten, kann Öko-Touren buchen, Kunsthandwerk kaufen oder vom Terrassenrestaurant aus auf die dicht verbaute Innenstadt schauen. Ein guter Ort zum Rasten.

Erholung von der quirligen Stadt auf den Hügeln findet man in den nahen Wellnesshotels am Toten Meer. Dort, 400 Meter unter dem Meeresspiegel, legt man sich, von Kopf bis Fuß mit Heilschlamm beschmiert, aufs Wasser. Der hohe Salzgehalt (fast das Zehnfache des Mittelmeers) lässt einen weder untergehen noch schwimmen. So schaukelt man als Schlammpaket dahin und denkt über die nächsten Reiseziele nach: zuerst hinauf in den Norden, nach Jerasch, der Römerstadt, wo man in imposanten Ruinen antiker Urbanität nachspüren kann.

Dann in den Süden, in die Wüstenlandschaft Wadi Rum. Am schnellsten überwindet man die 300 Kilometer über den Desert Highway, viel schöner ist aber die Fahrt über die Berge auf der Straße der Könige. Sie führt durch spektakuläre Felsformationen wie das Wadi al-Mujib, den jordanischen Grand Canyon, und an biblischen Orten wie dem Berg Nebo vorbei. Schon die Nabatäer, Errichter der Felsenstadt Petra, zogen über diese Straße Richtung Mittelmeer. Muslimische Pilger nutzten sie ebenso wie Händler von Weihrauch und Myrrhe.

Die Kargheit unter dem Teppich

Ist es im Herbst eine Reise durch die ungeahnte Vielfalt von Felsen, Stein und Sand, verdeckt im Frühling und Frühsommer ein blühender Teppich die Kargheit. Dann sollte man sich einige Tage Zeit für Wanderungen nehmen. Beispielsweise im Naturreservat Dana. "Eine Schatzkammer der Flora" nennt Guide Osama das an archäologischen Stätten reiche Naturschutzgebiet zwischen Jordangraben und Wadi Araba. Mehr als 600 Pflanzenarten soll es dort geben, seltene Vögel und Säugetiere haben im Reservat ihr Refugium. Der Ökotourismus ist hier noch ein zartes Pflänzchen, soll künftig aber den noch verbliebenen Beduinenfamilien ein Einkommen sichern.

Die Straße der Könige führt ins Zentrum der nabatäischen Herrscher, in die Felsenstadt Petra. Den Hotspot des jordanischen Tourismus erkundet man am besten frühmorgens. Wer sich im Petra Guest House im Städtchen Wadi Musa, direkt am Eingang zum Weltkulturerbe einmietet, sichert sich die Poleposition für den Kartenkauf. Oder man verbindet Petra mit einer Wandertour. "Aber nur mit Führer und mindestens zwei Liter Wasser", empfiehlt unser Guide, denn man verliere im Gestein abseits der Touristenpfade leicht die Orientierung.

Ein Wunder an Licht und Steinen ist auch das größte aller jordanischen Trockentäler, das Wadi Rum (Ramm gesprochen). "Hoch" könnte Rum bedeuten, heißt es in den Reiseführern. Was naheliegend wäre, ragt die höchste Felsengruppe doch 1750 Meter aus dem Wüstenboden. Für Lawrence von Arabien war die Landschaft aus Sandstein und Granitformationen "weitläufig, einsam und göttlich". Es gibt sie noch, diese einsamen Orte, meint auch Osama. Mit spektakulären Steinbrücken, "nicht die eine aus den Führern", die sei nur gut fotografiert. Mit Felszeichnungen prähistorischer Kulturen, die nur Eingeweihte finden.

Uns Kurzzeitwüstengäste beglückt schon eine Jeeptour vor Sonnenuntergang: Auf der Pritsche sitzend, geht es über sandige Pisten durch Felsschluchten, die in allen Rot- und Ockertönen leuchten - mit einem Fahrer, der Luchsaugen hat und zwischen Steinen und Buschwerk einen Falken ausmacht. Da möchte man bleiben, nach Gazellen und Wüstenkatzen Ausschau halten. Die Beduinensiedlung, die sich am Horizont abzeichnet, erkunden. Mehr erfahren über die Menschen, die in dieser magischen Landschaft leben. Doch die Touristenkarawane zieht weiter. Jalla! Jalla! Schnell, schnell, wie die Araber sagen ... (Jutta Berger, DER STANDARD, Rondo, 19.4.2013)