Der frühere niederösterreichische Landeshauptmann Siegfried Ludwig starb im Alter von 87 Jahren.

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Wien – Mitte der 1980er-Jahre war das Kreieren von Bedürfnissen mittels Werbung längst noch nicht so verbreitet wie heute; Siegfried Ludwig gelang es dennoch: "Ein Land ohne Hauptstadt ist wie ein Gulasch ohne Saft", lautete der Slogan, mit dem der damalige Landeshauptmann den Niederösterreichern die Idee einer eigenen  Landeshauptstadt schmackhaft machen wollte. Das Zentrum des weiten Landes unter der Enns war stets Wien – und bis heute spielt sich viel blau-gelbe Politik in der roten Stadt ab.

Dennoch ist die Schaffung einer eigenen Landeshauptstadt Ludwigs wichtigstes Vermächtnis. An die Abstimmung darüber, die 1986 statt fand und bei der sich eine Mehrheit für St. Pölten fand, knüpfte er immerhin seinen Verbleib an der Spitze des Landes. In seine Amtszeit fielen auch die Errichtung des Marchfeldkanals und der Donau-Universität in Krems.

Geboren wurde Ludwig am 14. Februar 1926 als Sohn eines Landwirteehepaares in Wostitz bei Znaim im heutigen Tschechien. Nach der Reifeprüfung am Gymnasium in Znaim wurde er kurz vor Kriegsende zur Wehrmacht einberufen. Nach der Rückkehr aus der russischen Gefangenschaft arbeitete er in der damaligen ÖMV und der Kammer der gewerblichen Wirtschaft, gleichzeitig studierte er Jus an der Universität Wien. 1954 trat Ludwig in den Landesdienst ein und begann er seine Tätigkeit im ÖAAB. Mitte der 1960er-Jahre übersiedelte Ludwig mit seiner Familie – er war verheiratet und hatte zwei Töchter – nach Perchtoldsdorf, wo er auch Bürgermeister war. 1964 zog er in den Landtag ein, 1968 wurde der Jurist Finanzlandesrat, 1969 stellvertretender Landeshauptmann, und Anfang 1981 trat er schließlich in die Fußstapfen von Andreas Maurer. Ludwig war damit der erste – und bisher letzte – niederösterreichische Landeshauptmann, der nicht aus dem Bauernbund, sondern aus dem ÖAAB kam.

Bei den Landtagswahlen 1988 verlor die VP die absolute Mehrheit, Ludwigs Position innerhalb der Partei wurde zunehmend schwächer. Schon länger hatte er Erwin Pröll als seinen Nachfolger aufgebaut, dieser übernahm 1992 endgültig das Ruder.

Ludwig war bis zuletzt häufig Gast auf schwarzen Parteiveranstaltungen in Niederösterreich, mit öffentlichen Ratschlägen für seine Nachfolger hielt er sich aber stets zurück. Mit der Entwicklung von St. Pölten als Landeshauptstadt sei er "sehr zufrieden", sagte Ludwig in einem Interview anlässlich seines 85. Geburtstags.

Am 16.4. 2013 starb Ludwig 87-jährig im Landesklinikum St. Pölten. (hei, DER STANDARD, 16.4.2013)