Es ist wie so oft nach einer innig gelebten und dann doch gescheiterten Beziehung: Der oder die Nächste wird immer mit jener Person verglichen, die vorher da war. In der Politik ist es kaum anders: Nicolás Maduro gewann zwar die Präsidentenwahl in Venezuela – doch gemessen an den Siegen von Hugo Chávez fiel dieser sehr, sehr bescheiden aus. Triumphe sehen anders aus.

Eine Million Venezolaner wandten sich nur ein halbes Jahr nach der letzten Wahl und nur fünf Wochen nach dem Tod des Comandante vom Sozialismus venezolanischer Prägung ab. Die Hälfte der Bevölkerung glaubt nicht mehr an den Chavismo, sie registriert bloß eine Zunahme von Gewaltkriminalität und Korruption, von Preiskontrollen und Güterknappheit sowie eine galoppierende Inflationsrate. Es bedurfte schon bisher eines besonderen Charismas, und dieses besaß Chávez zweifellos, um von solchen Missständen ablenken zu können. Doch jetzt ist der Lack abgeplatzt, und zum Vorschein kommt der Rost.

Henrique Capriles, dem Kandidaten der Opposition, konnte kaum etwas Besseres passieren als diese knappe Niederlage: Unmittelbar nach Chávez kann man nur scheitern. Kurs halten kann Maduro mit diesem Ergebnis unmöglich – aber auch eine Wende würde von seinen Wählern als Hochverrat an Chávez verstanden werden. Capriles braucht nur auf die nächste Chance zu warten – allerdings erbt er dann auch die gleichen Probleme. (DER STANDARD, 16.4.2013)