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Nachruf aus der Gefängniszelle: Julia Timoschenko ...

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... würdigt Margaret Thatchers "Mut, Durchhaltevermögen und Unbeugsamkeit".

Zeichnung: Paul Lachine

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Meanwhile in London: Thatcher-Kritiker/-innen weinen der "Iron Lady" keine Träne nach. - "Die Hex' ist tot ..."

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Ein Gefängnis ist immer ein Ort der Trauer. Aber dort vom Tod Margaret Thatchers zu erfahren, ist passend, da mich dies daran erinnert, wie stark sie dazu beigetragen hat, die eingesperrte Gesellschaft meiner Jugend zu befreien.

Für viele von uns, die wir in der Sowjetunion und deren Satellitenstaaten in Osteuropa aufgewachsen sind, wird Margaret Thatcher für immer eine Heldin sein. Sie ist nicht nur in Großbritannien und im Westen für Freiheit - insbesondere wirtschaftliche Freiheit - eingetreten, sondern wurde auch dadurch, dass sie Michail Gorbatschow (zu einer Zeit, als fast alle demokratischen Politiker seiner Politik von Perestroika und Glasnost sehr misstrauisch gegenüber standen) einen Mann nannte, "mit dem wir Geschäfte machen können", zu einem entscheidenden Katalysator für die Öffnung unserer Gulag-Gesellschaften.

Tatsächlich war die "eiserne Lady" für jeden in der ehemaligen kommunistischen Welt, der aus den Ruinen des Totalitarismus eine freie Gesellschaft aufbauen wollte, eine weltliche Ikone. Ihre Qualitäten von Mut, Durchhaltevermögen und Unbeugsamkeit gab uns ein lebendes Beispiel einer Art von Führung, die sich in Momenten politischer Probleme nicht wegduckt.

In ihrer Prinzipientreue und ihrem absoluten Willen, immer weiter zu kämpfen, wenn die Sache gerecht ist, hat sie mich auf jeden Fall sehr inspiriert.

Eine der größten Freuden in meinem Leben war die Möglichkeit, vor einigen Jahren gemeinsam mit Thatcher in London ein ruhiges Mittagessen einnehmen und ihr meine Dankbarkeit darüber aussprechen zu können, dass sie unsere Chance zur Freiheit wahrgenommen und die diplomatische Initiative zu ihrer Durchsetzung ergriffen hat. Während meiner Zeit als Premierministerin ging mir immer wieder ein Zitat von ihr durch den Kopf: "Ich bin keine Konsenspolitikerin, ich bin Überzeugungspolitikerin." Ihr rigoroser Sinn für die wahre Pflicht von Politikern gab mir während politischer Kämpfe immer Zuversicht, da unsere Pflicht als Staatsführer nicht darin liegt, Amtsinhaber zu sein, sondern unsere Macht dazu zu verwenden, das Leben der Menschen zu verbessern und ihre Freiheit zu vergrößern.

Als Thatcher zum ersten Mal von ihrem Glauben an das Potenzial der demokratischen Reformen Gorbatschows sprach, war ich eine 24-jährige Universitätsabsolventin am Beginn meiner Karriere. Es gab kaum Hoffnung, dass mein Leben besser als das meiner Mutter sein würde, und was noch schlimmer war, noch weniger Hoffnung, dass ich meiner kleinen Tochter ein besseres Leben bieten könnte.

Thatchers Begeisterung für die Sache unserer Freiheit hat mich elektrisiert. Die große Dissidentenschriftstellerin Nadeschda Mandelstam hatte uns eine Zukunft vorhergesagt, in der wir nur "gegen jegliche Hoffnung hoffen" konnten - und da war eine Politikerin, die für unsere Zukunft nicht nur Verkommenheit und moralische Kompromisse sah, sondern Freiheit und Chancen. Darüber, dass sie die Hoffnung auf Befreiung hochhielt, als kaum jemand sich dies auch nur vorstellen konnte - noch nicht einmal Gorbatschow, kann ich immer noch den Kopf schütteln vor Staunen.

Aber Thatcher war eine Expertin für Freiheit, weil sie selbst bis ins Mark davon erfüllt war. Sie war kompromisslos, aber auch nicht bereit, sich in das eingeschränkte Leben zu fügen, das ihre Gesellschaft scheinbar für sie bereit hielt. In einem Großbritannien, in dem das Schicksal des Einzelnen immer noch weitgehend durch seine soziale Klasse vorgegeben war, bahnte sich die Krämertochter ihren Weg nach Oxford und brillierte als Chemiestudentin.

Dann hatte sie den Mut, die ausschließlich männliche Domäne der Politik zu betreten. Als sie die erste weibliche Premierministerin Großbritanniens wurde, spornte sie den Ehrgeiz zahlloser junger Frauen auf der ganzen Welt an (darunter auch meinen). Ihr Beispiel ermöglichte uns große Träume.

Und Thatcher wusste, dass sie als Frau etwas Besonderes in die Korridore der Macht einbrachte. So sagte sie bei ihrer Amtseinführung 1979: "Jede Frau, die die Probleme der Führung eines Haushalts kennt, versteht auch die Probleme der Führung eines Landes besser." An dieser gesunden Mischung von Familienwerten und fiskalischer Redlichkeit können sich alle gewählten Politiker nach ihr ein Beispiel nehmen.

Natürlich verstehe ich gut, dass sich viele Briten als Opfer der wirtschaftlichen und sozialen Revolution sehen, die Thatcher ausgelöst hat. Aber der wirkliche Kern des Thatcherismus, wie ich ihn aus der Ferne verstand, lag in der Schaffung von Bedingungen dafür, dass jeder hart arbeiten und seinen Traum erfüllen konnte. Dies ist es, was ich - und alle Demokraten der Ukraine - für mein Land will: eine Gesellschaft der Chancen auf rechtsstaatlicher Grundlage in einem offenen Europa, und nicht unter der Kontrolle von Seilschaften und Oligarchen.

Ihre Erfolge sprechen für sich. Vor Thatchers Amtszeit war Großbritannien weithin als der "kranke Mann Europas" bekannt - behindert durch lähmende Regulierung, hohe Arbeitslosigkeit, ständige Streiks und ein chronisches Haushaltsdefizit. Als sie elf Jahre später ihr Amt niederlegte, war Großbritannien eine der dynamischsten Volkswirtschaften Europas - und der Welt. Und dies hatte zur Folge, dass wir heute alle Thatcheristen sind. (Julia Timoschenko, DER STANDARD, 13.4.2013) ©Project Syndicate, 2013; aus dem Englischen von Harald Eckhof