Bild nicht mehr verfügbar.

Am 11. April ist Welt- Parkinson-Tag. Bei der Erkrankung werden  Nervenzellen zerstört.

Mit einem Zittern fängt es an. In einer Hand zum Beispiel, unkontrollierbar und dann, wenn der betroffene Körperteil eigentlich entspannt sein sollte. Später verstärken sich die Zuckungen, hinzu kommen oft Steifheit, Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen sowie Bradykinesie, Bewegungsträgheit. Die Basis der Parkinsonerkrankung ist das fortschreitende Absterben bestimmter Nervenzellen im unteren Bereich des Gehirns. Diese Neuronen sind für die Produktion von Dopamin verantwortlich.

Es gibt mehrere bewährte Methoden zur medikamentösen Behandlung von Parkinson-Symptomen. Eine der wichtigsten ist die Verabreichung sogenannter Dopaminagonisten. Dank ihrer chemischen Struktur sind sie in der Lage, die Dopaminrezeptoren zu stimulieren und dadurch den mangelnden Botenstoff zu ersetzen. Diese Wirkung reicht auf Dauer allerdings nicht aus, deshalb kommt oft auch Levodopa zum Einsatz, eine synthetische Vorstufe, welche von noch vorhandenen, produktiven Neuronen in Dopamin umgewandelt werden kann. Eine direkte Dopamin-Einnahme ist nicht möglich, weil die Substanz nicht in der Lage ist, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden. Levodopa dagegen schon.

Der Wirkstoff hat jedoch auch einen erheblichen Nachteil. Nach einer gewissen Zeit treten bei vielen damit behandelten Patienten merkwürdige Störungen auf. Die Betroffenen leiden unter einer schlagartigen Rückkehr der Parkinson-Symptome. So als ob ein Schalter umgelegt würde. Die Beeinträchtigungen können mehrere Minuten oder gar stundenlang anhalten, bis wieder Besserung eintritt. Ärzte sprechen diesbezüglich von motorischen Fluktuationen und Off-Zeiten. Ihre Ursache scheint in der komplizierten Dosierung des Wirkstoffs zu liegen. "Levodopa ist ein sehr attraktives Medikament, aber seine Halbwertszeit ist sehr kurz", sagt der US-Mediziner Robert Hauser von der University of South Florida in Tampa.

Neue Studienergebnisse

Der Stoff wird physiologisch schnell umgewandelt, und deshalb ist es schwierig, eine konstante Konzentration im Blut zu erzielen, sagt er. Schwankungen schlagen sich sofort in der Dopamin-Ausschüttung nieder. Wenn diese vorübergehend sinkt, setzen die Off-Zeiten ein.

Hauser und seine Kollegen arbeiten seit Jahren an einer eleganten Lösung dieses Problems. Wenn auch die stetige Einnahme von Levodopa-Tabletten im Tagesverlauf nicht ausreicht, um eine stabile Dopamin-Produktion im Gehirn des Patienten zu gewährleisten, könnte vielleicht ein Präparat mit einer verlängerten Freisetzungsdauer des Wirkstoffs Abhilfe schaffen, so die Überlegung der Wissenschafter. Eine Art Depotwirkung also. Um eine solche zu bewerkstelligen, packt man das Levodopa in Körnchen aus verschiedenen Trägersubstanzen, und diese wiederum lösen sich, nachdem sie in einer Kapsel geschluckt wurden, im Darmtrakt unterschiedlich schnell auf, so Hauser. Ein stabilerer Levodopa-Spiegel wäre das Ergebnis.

Die Idee scheint aufzugehen. Hausers Team hat die Wirkung von IPXO66, einem neuen Präparat mit verlängerter Levodopa-Freisetzung, im Rahmen einer klinischen Studie mit 393 Parkinson-Patienten untersucht. Alle Teilnehmer litten unter motorischen Fluktuationen. Bei den Personen, die IPXO66 verabreicht bekamen, reduzierten sich die Off-Zeiten um durchschnittlich 1,17 Stunden täglich im Vergleich zur Kontrollgruppe. Letztere wurde weiterhin mit einem herkömmlichen Levodopa-Medikament behandelt. Die detaillierten Studienergebnisse erschienen eben im Fachblatt "Lancet Neurology" (Bd. 12, S. 346).

Schwankende Konzentration

Die Therapieumstellung von Präparaten mit sofortiger Levodopa-Freisetzung auf IPXO66 kann für einige Patienten wegen Konzentrationsschwankungen problematisch sein, meint Hauser. Dementsprechend müsse das Behandlungskonzept noch verfeinert werden. Profitieren dürften vor allem all jene Betroffenen, die schon länger an Parkinson leiden.

Forscher suchen indes nicht nur nach neuen Möglichkeiten zur Symptombehandlung, sondern auch nach potenziellen Signalen zur Früherkennung der Krankheit. Im Fokus steht dabei die  sogenannte idiopathische REM-Schlaf-Verhaltensstörung, kurz auch RBD genannt. Sie äußert sich in unruhigem Schlaf mit Albträumen, begleitet von heftigen Bewegungen.

Kanadische Neurologen haben den Bezug der Störung zu Parkinson in einer Langzeitstudie genauer untersucht. Mit bemerkenswerten Ergebnissen. Wer unter RBD leidet, hat statistisch gesehen ein mehr als 52-prozentiges Risiko, langfristig von einer neurodegenerativen Erkrankung, am häufigsten Parkinson, betroffen zu sein. Über solche Zusammenhänge hoffen Fachleute zukünftig ein Frühwarnsystem für die Krankheit entwickeln zu können. (Kurt de Swaaf, DER STANDARD, 8.4.2013)