Künstlerischer Umgang mit dem Faktor "Zeit": Romana Scheffknechts "Count Down" (aus dem Jahr 1998/99).

Foto: Galerie im Taxispalais

Innsbruck - Bereits 1989 nahm Romana Scheffknecht an der legendären Ausstellung Video-Skulptur retrospektiv und aktuell 1963-89 im Kölnischen Kunstverein teil. Diese Überblicksschau machte deutlich, dass auch spielerische Videoinstallationen künstlerische und gesellschaftliche Inhalte transportieren können.

Wegweisend dafür waren Arbeiten des koreanischen Fluxus-Künstlers Nam June Paik. Dieser präsentierte bereits 1963 manipulierte Fernseher, die statt des Fernsehprogramms abstrakte Störbilder zeigten. Und Nam June Paik war es unter anderen auch, bei dem Scheffknecht ihr Studium 1984 abschloss.

Zuerst das Theater

Aus dieser Zeit sind nun Scheffknechts abstrakte Videoinstallationen, neben allerneuesten Arbeiten, zu sehen - die Galerie im Taxispalais widmet der Künstlerin mit der Ausstellung 1982/2013 eine längst überfällige Retrospektive. Scheffknecht (geboren 1952 in Horn) hat Ende der 1970er-Jahre zunächst am Theater gearbeitet. Und von dort die Idee der "Bühne" mitgenommen. "Die Bühne ist ein Raum, in dem nichts versteckt werden kann", sagt die Künstlerin.

Und so unterliegen ihre frühen und technisch höchst aufwändigen Installationen ein klein wenig jenem Pathos, das am Theater produziert wird: Im ersten Ausstellungsraum zieht ein kleiner Schlepplift in einer Endlosschlaufe ein Buch hinter sich her. Unermüdlich dreht er über Umlenkscheiben seine Runden auf einem langen Tisch. Das Buch, Sigmund Freuds Zur Psychopathologie des Alltagslebens, soll dabei absichtlich mit der Zeit zerfleddern. Gegenüber starrt ein Miniatur-Rhinozeros geduldig auf einen kleinen Monitor, auf dem die Speichen eines sich drehenden Rades aufblitzen.

Währenddessen wandert das Bild der aus dem Weltraum fotografierten Erde langsam über die Ausstellungswände. Diese Tischinstallationen wirken wie zeitaufwändige - weil analoge - Versuchsanordnungen in einem Labor; sie schließen direkt an Scheffknechts Studium bei Oswald Oberhuber in der Freien Grafik-Klasse an.

Dort wurde nicht sofort produziert, sondern zunächst ausprobiert, wie die Künstlerin betont. "Zeit" wurde damit automatisch zum ausschlaggebenden Faktor zur Erzeugung von Bildern. Und, die Auseinandersetzung mit Systemen, wie dem assoziativ-kreativen Denken eines Aby Warburg, um gesellschaftliche Stimmungen zu analysieren.

Sinus-Ton und Videobild

Manchmal erzeugt die Künstlerin Bilder aber auch ganz anders: in Der Ton (1987/2013) ist ein Sinus-Ton mit einem Videobild verbunden. Aus vier Lautsprechertrichtern generiert der sirrende Ton ein aus schwarz-weißen Streifen bestehendes, projiziertes Bild. Ebenso unerträglich, dafür weitaus humoristischer, ist das älteste Video der Ausstellung. In Das Konzert (1982) kann man die Künstlerin beim Üben auf ihrem Saxofon sehen. Wann immer sie darauf spielte, kam der Hund ihrer Wohngemeinschaft dazu und heulte.

Der gefühlvolle Zeitgeist von damals findet sich auch im kleinen Spielzeugeisbären, der in ein tragbares, analoges Fernsehgerät schaut. Auf dem ist aufgrund der veränderten, terrestrischen Welt kein Bild mehr zu sehen. (Tereza Kotyk, DER STANDARD, 8.4.2013)