Es sieht auf den ersten Blick nach aufwendiger Landschaftskunst von Menschenhand aus. Die mysteriösen kreisrunden Kahlstellen, "Feenkreise" genannt, sind aber natürlichen Ursprungs und finden sich zu Hunderttausenden in der südwestafrikanischen Wüste.

Im Bild: Das Marienflusstal, Kaokoveld in Namibia, in einem trockenen Jahr. Nahrung finden Pflanzenfresser hauptsächlich am Rande der Feenkreise.

Foto:N. Juergens

Wer oder was hinter den Kreisen steckt, die von Grasbüschel umwachsen sind, war in der Wissenschaft lange eine Streitfrage. In den letzten Jahren gab es etliche verschiedene Erklärungen für die Kahlstellen, die wie von einem riesigen Zirkel gezogen scheinen. So behaupteten Forscher 2011, dass sie durch aufsteigende Erdgasblasen verursacht sein könnten. Andere gingen davon aus, dass Ameisen dahinterstecken.

Im Bild: Ausgewachsener Feenkreis in Giribesvlakte, Namibia.

Foto:N. Juergens

Richtiggehend besessen von der Lösung des Rätsels ist Norbert Jürgens vom Biozentrum Klein Flottbek an der Uni Hamburg: Zwischen 2006 und 2012 untersuchte der Botaniker und Biodiversitätsforscher aberhunderte Feenkreise auf einem zweitausend Kilometer langen Wüstenabschnitt, der von Angola über Namibia bis ins nordwestliche Südafrika reicht. Wie er selbst bescheiden anmerkt, wollte er die Forschung über dieses mysteriöse Phänomen damit einfach "auf eine solide Datengrundlage stellen".

Im Bild: Ein voll entwickelter Feenkreis mit lebendem und abgestorbenem Gras der Spezies Stipagrostis ciliate (Namib Desert Lodge, Namibia).

Foto:N. Juergens

Damit gelang dem deutschen Biologen der Durchbruch bei der Erklärung der mysteriösen Phänomene: Jürgens fand in den frühen Entstehungsphasen der Feenkreise, die langsam größer werden, nur einen einzigen wiederkehrenden Organismus: Sandtermiten der Gattung Psammotermes, die sich von Graswurzeln ernähren.

Im Bild: Feenkreise im Marienflusstal, Kaokoveld in Namibia, am Übergang von Grasland zur Mopane-Savanne.

Foto:N. Juergens

Die Insekten sind nur schwer zu beobachten, weil ihre Bauten mehrere Meter tief im Wüstensand verborgen sind. Doch wie Jürgens im Fachblatt "Science" schreibt, fressen die Termiten in der Regenzeit, wenn die Gräser wachsen, deren Wurzeln. Zurück bleiben leergefressene kreisrunde Flächen. Durch Bodenmessungen kann Jürgens auch noch eine ökologische Erklärung für das Phänomen liefern.

Im Bild: Blick über die Wüstenlandschaft bei Namibrand in Namibia vom Flugzeug aus. Zu sehen sind voll ausgewachsene Feenkreise und dazwischen einige "Babys".

Foto:N. Juergens

Wegen der fehlenden Vegetation kann das Regenwasser in den Feenkreisen nicht verdunsten. Die Niederschläge fließen in die Tiefe des sandigen Erdbodens und lagern sich ab. Dieser Speicher in den Erdschichten ermöglicht Termiten, die zehnmonatige Trockenzeit in der Wüstenlandschaft zu überleben. Zugleich versorgt das Wasser die Pflanzen rund um den kahlen Kreis mit Feuchtigkeit - für Jürgens ein "Meisterstück der Ökosystemgestaltung". (Klaus Taschwer, DER STANDARD, 29.3.2013)

Im Bild: Zahlreiche Wanderspuren von Oryxantilopen durchkreuzen die Feenkreise in der Wüstenlandschaft bei Namibrand, Namibia.


Abstract
Science: The Biological Underpinnings of Namib Desert Fairy Circles

Foto:N. Juergens