Es sei purer Stress, wenn man beim Gebet immer wieder auf die Uhr schauen müsse, damit man nicht zu spät zur Arbeit kommt, sagt Fuat Sanac. Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) setzt sich im Gespräch mit derStandard.at für gesetzliche Feiertage für Muslime ein und schließt sich damit der Forderung des Zentralrats der Muslime in Deutschland an.
Konkret will Sanac, wie es der deutsche Zentralratsvorsitzende Aiman Mazyek in der "FAZ" fordert, je einen Tag im Fastenmonat Ramadan und in der Zeit des islamischen Opferfests als arbeitsfreie Tage für Anhänger des islamischen Glaubens. Die Umsetzung sollte in einer Neufassung des Islamgesetzes geregelt werden. Das nach dem Vorbild der evangelischen Kirche, deren Gläubige am Karfreitag das Recht haben, von der Arbeit zu Hause zu bleiben.
Sanac: Wäre eine Integrationsmaßnahme
Immer wieder bespreche er das Thema mit Vertretern der österreichischen Politik, sagt Sanac - zum Beispiel mit Bundespräsident Heinz Fischer und dem Wiener Bürgermeister Michael Häupl. Er ortet dabei auch einen Willen zur Umsetzung, aber: "In Österreich dauert immer alles so lange."
Für den Präsidenten der wachsenden Glaubensgemeinschaft wären gesetzliche Feiertage für Muslime auch eine Integrationsmaßnahme: "Jeder Mensch will anerkannt werden. Anerkennung bedeutet, dass die Menschen die gleichen Rechte bekommen. Zu diesen Rechten zählen auch die Feiertage", sagt Sanac. "Wenn jemand sich nicht zu Hause fühlt, erschwert das die Integration."
Muslimische Kinder bekommen schulfrei
Während berufstätige Muslime nicht von Gesetzes wegen an Feiertagen frei haben, sondern auf ein Entgegenkommen des Arbeitgebers hoffen müssen, haben Kinder islamischen Glaubens bereits ein Anrecht auf freie Schultage. In einer Mitteilung empfiehlt das Unterrichtsministerium, den Schülerinnen und Schülern anlässlich des Ramadan-Endefests (Idul-Fitr) und des Pilger- und Opferfests (Idul-Adha) auf deren Ansuchen hin die Erlaubnis zum Fernbleiben vom Unterricht zu erteilen.
Auch keine gesetzlichen Feiertage für Juden
Auch den Personen jüdischen Glaubens steht kein gesetzlicher Feiertag zu. Aufgrund eines Generalkollektivvertrags gilt für sie aber zumindest der Versöhnungstag (Jom Kippur) unter bestimmten Voraussetzungen als arbeitsfreier Tag. Arbeitnehmer müssen ihre Freistellung mindestens eine Woche zuvor vom Arbeitgeber verlangen.
Gesetzliche Verankerung gescheitert
Raimund Fastenbauer, Generalsekretär der Kultusgemeinde, sagt im Gespräch mit derStandard.at, dass auch Personen jüdischen Glaubens gesetzliche Feiertage fordern. Man habe über die gesetzliche Verankerung auch verhandelt, sei aber am Widerstand der Wirtschaftskammer gescheitert. "Für uns war das nicht ganz nachvollziehbar", sagt Fastenbauer, "es ist ja nicht so, dass dann Millionen von Arbeitnehmern frei hätten."
Laut Kultusgemeinde sind in Österreich bis zu 15.000 Personen jüdischen Glaubens. Die Kultusgemeinde fordert, dass der jüdische Neujahrstag und der Versöhnungstag zu gesetzlichen Feiertagen werden - wie bei den Evangelischen der Karfreitag.
Aktuell: 13 gesetzliche Feiertage
In Österreich gibt es insgesamt 13 gesetzliche Feiertage: 1. Jänner (Neujahr), 6. Jänner (Heilige Drei Könige), Ostermontag, 1. Mai (Staatsfeiertag), Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, Fronleichnam, 15. August (Mariä Himmelfahrt), 26. Oktober (Nationalfeiertag), 1. November (Allerheiligen), 8. Dezember (Mariä Empfängnis), 25. Dezember (Weihnachten), 26. Dezember (Stephanstag).
Die katholische Kirche hat aktuell laut eigenen Angaben 5,4 Millionen Mitglieder, die evangelische hält bei rund 324.000. Die genaue Zahl der Muslimen ist unklar. Kolportiert werden schon seit 2010 rund 500.000, Fuat Sanac spricht von "fast einer halben Million". Die IGGiÖ vertritt allerdings nicht alle Muslime, sie hat nur rund 150.000 Mitglieder. Die letzten offiziellen Angaben stammen von der Volkszählung aus dem Jahr 2001, damals hatte die muslimische Glaubensgemeinschaft laut Zahlen des Bundeskanzleramts 338.000 Mitglieder.
Karfreitag als Feiertag für Evangelische
Für Anhänger des evangelischen Glaubens ist im Arbeitsruhegesetz geregelt, dass der Karfreitag für sie ein gesetzlicher Feiertag ist. Sie müssen nicht zur Arbeit erscheinen, haben damit also einen gesetzlichen Feiertag mehr als Angehörige anderer Religionsgemeinschaften.
Konfessionslose wollen gerechtere Aufteilung
Heinz Oberhummer von der Initiative "Religion ist Privatsache" ist dafür, dass man an der Zahl der Feiertage festhält, sie aber auf die Religionsgemeinschaften aufteilt. "Fairerweise müsste man auch anders Gläubigen als den Katholischen Feiertage zugestehen", sagt er zu derStandard.at.
Natürlich müsse man dabei die Größe der Glaubensgemeinschaften beachten und die Tage anteilsmäßig verteilen. Oberhummer hält das für eine demokratische Lösung. Katholiken würden zwar einige Feiertage verlieren, hätten dann aber beispielsweise an muslimischen Feiertagen frei.
Die Anzahl der Feiertage insgesamt erhöhen möchte Oberhummer nicht. Er spricht sich gegen Halblösungen aus, dass etwa die Evangelischen am Karfreitag frei haben, Angehörige anderer Religionsgemeinschaften aber nicht. Das sei Betrieben nicht zumutbar.
Kaum Beschwerden bei der Gewerkschaft
Bei der Gewerkschaft gibt es übrigens kaum Anfragen bezüglich der fehlenden Feiertagsregelung für viele Religionsgemeinschaften. "Hier scheint es im Alltag wenige Probleme zu geben", sagt eine Sprecherin des ÖGB zu derStandard.at. (Rainer Schüller/Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 28.3.2013)