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Jeroen Dijsselbloem: Vor fünf Monaten noch einfacher Abgeordneter, hat der Niederländer den wohl schwersten Job Europas.

Foto: Reuters

Brüssel - "Das wäre dem Jean-Claude Juncker nicht passiert." Diesen auf seinen Vorgänger gemünzten Satz wird sich Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem wohl noch öfter anhören müssen. Seit Jänner erst ist der niederländische Sozialdemokrat im Amt. Aber nach einem in seiner Wirkung auf die Öffentlichkeit eher suboptimalen Krisenmanagement wird - nicht nur in Zypern - Kritik an seiner Eignung immer lauter.

Jüngster Anlass: Nach dem Abschluss des Rettungspakets für Zypern, bei dem private Anleger voll für die Kosten der Zerschlagung der zwei größten Banken in Haftung genommen werden, stellte er das am Montag im Gespräch mit Journalisten von Reuters und Financial Times als beispielhaft hin. Das Vorgehen sei ein "Einschnitt" im Kampf gegen Schulden- und Finanzkrise, im Umgang mit drohenden Bankpleiten.

Es werde aus dem Eurohilfsfonds nicht automatisch Kredite geben, und die privaten Anleger müssten darauf achten, wo sie ihr Geld parken. Länder müssten übergroße Bankensektoren selber verkleinern: "Das bedeutet, klärt das, bevor es zu Schwierigkeiten kommt. Stärkt eure Banken, repariert die Bilanzen, und seid euch im Klaren darüber, wenn Banken in Probleme geraten, kommen wir nicht automatisch, um sie zu lösen", wurde er zitiert. In der Eurozone müssten die Bemühungen zur Umsetzung der Bankenunion beschleunigt werden.

Dijsselbloems Aussagen sorgten umgehend für Turbulenzen. Am Dienstag ruderte er zurück: Zypern sei ein "einmaliger Fall"; er sei falsch zitiert worden, kenne das englische Wort "template" für Vorlage, das man ihm in den Mund gelegt habe, nicht einmal.

Juncker schießt quer

Dass es im Umgang mit nervösen Märkten und Finanzblättern auf jedes Wort ankommt, dürfte für ihn nicht neu sein. Zum ersten Mal war die Kritik am Verhalten Dijsselbloems nach Verabschiedung des ersten Zypernpakets vor zehn Tagen aufgekommen, das vom Parlament in Nikosia abgelehnt wurde. Vorgänger Juncker hatte damals spitz angemerkt, es sei keine gute Idee gewesen, damals auch die "kleinen Sparer" mit einem Vermögen unter 100. 000 Euro als Zahler für die Bankenrestrukturierung heranzuziehen. Selbst wenn die Einlagensicherung, streng genommen, etwas anderes sei als die geplante einmalige gestaffelte Zwangsabgabe für alle, hätte man das in der Eurogruppe nicht durchwinken dürfen, sagte der Nur-mehr-Premierminister von Luxemburg.

Unter Verhandlern in Brüssel wurde das als billiges Nachtreten auf den Nachfolger eingeschätzt. Denn die Zwangsabgabe auf alle zypriotischen Spareinlagen auch unter 100.000 Euro war auf ausdrücklichen Wunsch von Präsident Nikos Anastasiadis in ganz kleinem Kreis vom deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble und dem Franzosen Pierre Moscovici fixiert worden. Interne Kritik am Vorgehen der "Großmächte" kam nur von " Zwergstaaten", vom luxemburgischen Minister Luc Frieden und Maria Fekter aus Österreich. Aber es wurde beschlossen.

Nach dem Scheitern hielt Dijsselbloem öffentlich den Kopf hin, bekannte den Fehler ein - während Schäuble und Moscovici so taten, als hätten sie nichts damit zu tun, dass sie auch die Kleinsparer zur Kasse bitten wollten.

Aber das zählt nicht. Als Angepatzter steht in der Öffentlichkeit Dijsselbloem da. So hatte sich der Eurogruppenchef seinen Job wohl nicht vorgestellt, war er doch beim EU-Gipfel im Dezember auf ausdrücklichen Wunsch von Schäuble und Deutschland wie auch von Juncker nominiert worden.

Als Niederländer mit traditionell eiserner Budgetdisziplin werde er am besten die deutschen Interessen im Euroraum wahrnehmen, hatte das Kalkül gelautet. Das stimmt auch - aber dass Dijsselbloem das an die große Glocke hängt, war so nicht eingeplant. (tom, DER STANDARD, 27.3.2013)