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In Niederösterreich betreut das Hilfswerk 3.000 Kinder.

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Hilfswerk-Geschäftsführer Christoph Gleirscher.

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STANDARD: Wie wichtig sind Tagesmütter strukturell?

Gleirscher: Alleine das Hilfswerk betreut in Niederösterreich mehr als 3.000 Kinder. Tagesmütter sind dort eine wichtige Ergänzung, wo institutionelles Betreuungsangebot mit den Bedürfnissen der Familien nicht zusammenpasst. Einzelne Tagesmütter betreuen zum Beispiel Kinder von 6 bis 8 Uhr in der Früh, manche haben auch am Samstag offen. Angesichts der Familienverhältnisse und der ausufernden Arbeitswelt kommen institutionelle Betreuungseinrichtungen an ihre Grenzen.

STANDARD: Verlässt man sich am Land auf Tagesmütter, damit man weniger Kindergärten bauen muss?

Gleirscher: Die Gemeinden haben oft damit zu kämpfen, dass es den Bedarf zwar für einige Familien geben würde, dass sie aber weder finanziell noch strukturell in der Lage sind, eine weitere Gruppe aufzumachen oder den Kindergarten wegen zwei Kindern bis 18 Uhr offen zu halten. Das ist halt immer ein Kompromiss. Außerdem stehen viele Bürgermeister auf dem Standpunkt, dass sie etwas nur mitfinanzieren wollen, wenn es in ihrer eigenen Gemeinde passiert - obwohl es zum Beispiel bei der Kleinkinderbetreuung sinnvoll wäre, fünf, sechs Gemeinden zusammenzufassen. Die politischen Zuständigkeiten passen nicht immer mit den Bedürfnissen der Familien zusammen, die orientieren sich an Wohnort, Schulort oder Arbeitswegen. Denen sind Gemeindegrenzen relativ wurscht und auch ob die Gemeinden rot oder schwarz sind - dann wird es oft kompliziert.

STANDARD: Sollte das Land mehr Defizite ausgleichen?

Gleirscher: Darüber gibt es Gespräche. Uns wäre wichtig, dass alle Formen der Kinderbetreuung nach einem nachvollziehbaren Schlüssel gefördert werden, egal ob von privaten oder öffentlichen Trägern. Zum Beispiel ist der Kindergarten in Niederösterreich ab zweieinhalb zwar am Vormittag gratis, die Tagesmutter kostet aber etwas, die Nachmittagsbetreuung ebenso. Uns wäre es lieber, wenn man vielleicht für den Kindergarten ein bisschen etwas zahlen müsste, aber dafür ergänzende Einrichtungen, zum Beispiel Krabbelstuben, billiger betreiben könnte. Dann hätten die Eltern mehr Auswahl.

STANDARD: Die Vorgaben für Tagesmütter sind je nach Land und Träger unterschiedlich. Wünschen Sie sich einheitliche Standards?

Gleirscher: Unser Anliegen ist, dass das Berufsbild der Tagesmutter noch klarer definiert wird. Tagesmutter kann nicht jede sein - es geht um eine qualitätsvolle Form von Betreuung in einer professionellen Struktur. Das niederösterreichische Hilfswerk hat ein eigenes Qualitätszertifikat für Tagesmütter. Sie werden laufend inspiziert, da schauen wir uns die pädagogischen Materialien an, die Ernährung, die Hygiene, den Umgang mit den Eltern und so weiter. Ein Vorteil einer Struktur wie unserer ist auch, dass die Tagesmütter regelmäßig zu Feedbackrunden kommen, wo sie über schwierige Fälle sprechen können, darüber, woran man Missbrauch erkennt, ab wann man Profis hinzuziehen soll und so weiter. Über die Qualität der Träger müssen sich die Eltern selbst ein Bild machen, letztlich ist es ja eine höchstpersönliche Entscheidung, wem man sein Kind gibt. (Andrea Heigl, DER STANDARD, 26.3.2013)