Manche verreisen, um ihr Leben neu zu ordnen. Dem Journalisten Ferdinand ist während seiner Weltenbummelei augenscheinlich nichts Gescheites eingefallen. Gattin, Kind und Geliebte hat er zurückgelassen, bei seiner Heimkehr weiß er noch immer nicht, in welches Nest er sich legen soll. Das Resultat seiner Unentschlossenheit ist eine Ménage-à-trois. Wie diese funktioniert, ist am Landestheater Niederösterreich in Stella entscheidet sich (endlich) zu sehen.

Das Auftragswerk an den jungen Autor Stephan Lack ist eine Fortschreibung von Goethes Stella bzw. von dessen erster Fassung. Ließ der Dichterfürst in einer späteren Überarbeitung Ferdinand und dessen Geliebte Stella standesgemäß sterben, so endete die erste Version mit der Andeutung einer utopischen Dreier beziehung. Skandal! Lack spinnt die Handlung in der Gegenwart weiter. Aus dem Wartesaalambiente der einen Bühnenhälfte (Ausstattung: Barbara Pral) zieht es die Akteure in die schlichte Wohnung von Ferdinands Geliebter Stella (Swintha Gersthofer). War um sich diese auf ihn einlässt, bleibt ebenso unklar wie bei Cecilia (Marion Reiser) und deren Tochter Lucie (alternierend Olivia Goga und Lisa Rammel). Ferdinand (Tobias Voigt) ist von drei Frauen zwar  latent überfordert, gefällt sich jedoch zugleich auch in der Rolle des revolutionären Haremsfürsten.

Barbara Nowotnys Inszenierung hat gute Momente und lässt mit etwas über einer Stunde kaum Langeweile aufkommen. Wirklich interessant wird das Stück aber nie. Weder die reduzierte Sprache noch die Handlungsentwicklung lassen Empathie für die  Figuren entstehen, das Kratzen an der Oberfläche geht nicht tief genug. (wall, DER STANDARD, 26.3.2013)