Durch langsameres Fahren wird Sprit gespart, es werden weniger Häfen angesteuert und die Passagiere verbringen mehr Zeit an Bord - und geben auch dort ihr Geld aus.

Foto: MSC Crociere

Ob Themenkreuzfahrten neue Zielgruppen anlocken können, ist fraglich.

Foto: AIDA Cruises

Kundenbindung ist im Kreuzfahrtsektor besonders wichtig.

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Schiffe der Superlative mit jeder Menge Sonderausstattung könnten das Zünglein an der Waage zur erfolgreichen Reederei sein.

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Was haben Nudisten, Kunstliebhaber und Bibelfans gemeinsam? Nicht viel auf den ersten Blick. Aber für sie alle gibt es mittlerweile eigene Themenkreuzfahrten. Dabei handelt es sich um einen Versuch von Reedereien, neue Zielgruppen für den Urlaub auf hoher See zu erschließen und sich gegen die Konkurrenz abzuheben.

Was früher Luxus-Suchenden vorbehalten war, leistet sich heute die breite Masse. Glaubt man den Zahlen, wächst die Beliebtheit von Kreuzfahrten stetig. Dies zeigt nicht zuletzt die Tatsache, dass in dem Bereich mittlerweile sogar geforscht wird: Bernhard Jans, deutscher Tourismus-Experte von der Arbeitsgruppe Kreuzfahrt-Forschung, erklärt die Beliebtheit von Urlauben am Schiff damit, dass sie eine Rundreise zu attraktiven Zielen bieten, während man gleichzeitig "sein Hotel" immer dabei hat: "All das kann in der Dichte ein Urlaub an Land kaum bringen."

Alleine im Jahr 2011 haben sich 118.000 Österreicher für eine Kreuzfahrt entschieden. Die Zahlen für das vergangene Jahr sind derzeit noch nicht verfügbar. Das Schiffsunglück der Costa Concordia im Jänner 2012 dürfte sich in den Zahlen zwar niedergeschlagen, aber der grundsätzlichen Beliebtheit von Kreuzfahrten keinen Abbruch getan haben: "Urlauber haben ein Kurzzeitgedächtnis", weiß Peter Zellmann vom Institut für Tourismus- und Freizeitforschung.

Er sieht Kreuzfahrten zwar als einen Fixbestandteil im Urlaubssegment: "Aber dramatische Zuwächse, so wie das oft dargestellt wird, sind nicht zu erwarten." Fest stehe aber, dass sich Kreuzfahrten seit zehn Jahren im Aufwind befinden – und dass dieser Trend weiter anhalten wird.

Preis-Dumping bei Anbietern

Doch dadurch wächst auch der Konkurrenzdruck zwischen den einzelnen Anbietern. Dieser Kampf um den Passagier schlägt sich laut Tourismusforscher Zellmann am meisten im Preis-Leistungs-Verhältnis nieder. Anders als in anderen Tourismussparten wirkt sich das Preis-Dumping aber nicht so sehr auf die gebotene Qualität aus, weil man wisse, was man grundsätzlich von den Kategorien Innen- bzw. Außenkabine erwarten kann.

Auch für Bernhard Jans sind Kreuzfahrten unabhängig von ihrer Preisklasse ein "qualitativ hochwertiges Produkt". Er sieht die Unterschiede zwischen Luxus-Kreuzfahrten und kostengünstigeren Varianten etwa bei der Versorgung an Bord. Hier reiche das Angebot von "ausgezeichnetem Restaurantessen" bis hin zur "exklusiven Sterneküche". Auch im Unterhaltungsprogramm würden Preisunterschiede deutlich: auf teureren Kreuzfahrten gebe es nicht nur das übliche Showprogramm, sondern auch namhafte Gaststars an Bord.

Die immer niedrigeren Preise werden laut Jans auch durch mehr An-Bord-Verkäufe wettgemacht. Eine weitere Taktik, mit der Reedereien Geld sparen, sei, langsamer zu fahren. Dadurch werde der Brennstoffverbrauch geringer gehalten. "Bedingt dadurch werden weniger Häfen auf einer Route angefahren. Das hat den zusätzlichen Effekt, dass dann auch keine Hafengebühren anfallen und die Gäste an Bord mehr ausgeben."

Neue Zielgruppen durch Themenkreuzfahrten

Neben den sinkenden Preisen versuchen manche Anbieter auch, mit speziellen Nischenangeboten wie Themenkreuzfahrten neue Zielgruppen an Bord zu locken. Laut einem von der Arbeitsgruppe Kreuzfahrt-Forschung veröffentlichten Bericht von Kreuzfahrt-Expertin Christiane Elze sind es besonders Golf- und Kulinarik-Kreuzfahrten, die Organisatoren zunehmend in ihr Angebot aufnehmen.

Auch Kreuzfahrten, die sich auf Themen wie Kabarett, Musik oder Literatur spezialisiert haben, finden sich im Angebot. Die Umsetzung der Themen an Bord reicht von Vorträgen über Verkostungen und Ausflüge.

Nackt-Kreuzfahrten

Ein Blick auf den internationalen Markt zeigt: es geht viel skurriler. Das texanische Unternehmen "Bare Necessities Tour and Travel" etwa, hat sich auf Kreuzfahrten für Nudisten spezialisiert. Das ganze Schiff ist eine kleidungsfreie Zone. Nur zum Abendessen, für Landgänge oder auf explizite Anweisung des Kapitäns hin muss man sich wieder anziehen.

In den auf der Homepage des Unternehmens gelisteten Regeln wird aber darauf hingewiesen, dass Lingerie nicht als passende Kleidung für das Abendessen erachtet wird. Auch Fetischkleidung ist an Bord nicht erwünscht.

Heavy Metal auf hoher See

Selbst Swinger- und Gay-Kreuzfahrten haben manche Anbieter mittlerweile im Sortiment. Auch Fans ganz anderer Lifestyles werden fündig: die deutsche Reederei TUI Cruises hat in wenigen Wochen etwa die "größte Heavy Metal-Kreuzfahrt" im Programm. Dabei soll es sich um ein "echtes Metal-Festival auf hoher See" handeln.

Auf der Homepage wird Metalfans versprochen, dass insgesamt zwanzig Bands auf drei Bühnen performen werden. Auch Highlights wie Metal-Karaoke sind geplant.

Grenzenloses Angebot

Doch auch Fans von etwas mehr klassischer Romantik haben Glück: auf manchen Schiffen kann im Rahmen der Kreuzfahrt geheiratet werden. Auch sonst gibt es nichts, was es nicht gibt. Von Parfüm-Kreuzfahrten bis hin zur Bibel-Kreuzfahrt, einer Reise zu wichtigen Orten der Bibel, wird jeder fündig.

Einzig, ob jemand, der sich nicht für Kreuzfahrten interessiert, nur wegen eines bestimmten Themas einen Urlaub auf See bucht, ist fraglich. Dies bezweifelt auch Christiane Elze: bisher sei nämlich noch keinem Kreuzfahrtenanbieter gelungen, durch Themenkreuzfahrten eine neue Zielgruppe zu erschließen. "Das Thema könnte nur Ausschlag geben, für welche Kreuzfahrt sich entschieden wird." Ähnlich sieht das Tourismusforscher Zellmann: "Große Zuwächse darf man sich daraus nicht erhoffen." Für Jans ist beim Erfolg von Themenkreuzfahrten entscheidend, dass die Zielgruppe sehr spezifisch eingegrenzt wird. Bei der Heavy Metal-Kreuzfahrt gelinge dies sehr gut.

Das Traumschiff

Was hilft den Reedereien also im Kampf um die Passagiere? Wirft man einen Blick auf ihre kürzlich getauften Schiffe, so könnte die Antwort darauf lauten: durch Schiffe der Superlative. So gibt es mittlerweile Schiffe mit Wasserrutschen, Salzgrotten, gigantischen Wellnessbereichen oder gläsernen Spazierwegen mit Blick aufs Meer.

Und auch auf hoher See wird Kundentreue gern belohnt: wer öfters mit einem Anbieter reist, bekommt mitunter Extra-Leistungen oder spart Geld. Eine Kundenbindung ist wichtig, denn laut Zellmann haken viele Urlauber das Thema Kreuzfahrt nach dem ersten Urlaub auf See gleich wieder ab: besonders die klischeehaften Pensionisten, die Kreuzfahrten machen, würden sich damit einen Lebenstraum erfüllen. "Aber das macht man dann zwei- bis dreimal, und dann steigt man wieder aus", so Zellmann.

Auch wenn die Anbieter zunehmend versuchen, andere Zielgruppen zu erreichen, spielt dieses Klischee weiterhin eine wichtige Rolle. Kein Wunder: Pensionisten sind laut Zellmann zeitlich flexibel und verfügen über das nötige Kleingeld. Am 6. April legte zum Beispiel die Royal Caribbean Int. von Miami aus in Richtung Karibik ab. An Bord: Andy Borg. Thema der Cruise: "11 Tage mit dem Musikantenstadl durch die Karibik". (Franziska Zoidl,derStandard.at, 19.4.2013)