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Damit es nicht gar zu schwierig ist, ein Unternehmen zu gründen, will die Regierung das Stammkapitel für GmbHs verringern.

Foto: ap/Hildenbrand

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Grafik: APA

Wien - Jahrelang war es der Dauerbrenner für junge Wirtschaftstreibende, ohne dass es die Politik je auf den Boden gebracht hätte. Nun ist es pünktlich vor den Wahlen doch in der Pipeline: Den Österreichern soll der Schritt ins Unternehmertum finanziell deutlich erleichtert werden. Der Weg dahin führt über die günstigere Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Ab Juli soll die neue Konstruktion Selbstständigen offenstehen. Der entsprechende Gesetzesentwurf wurde nun in die vierwöchige Begutachtung entlassen.

Die Eckpunkte: Statt wie bisher 35.000 Euro braucht es künftig für eine GmbH nur noch ein Mindeststammkapital von 10.000 Euro - die Hälfte davon muss bar eingezahlt werden. Die jährliche Mindestkörperschaftssteuer wird von 1750 auf 500 Euro reduziert. Statt 1100 Euro für Notar und Rechtsanwalt werden nunmehr 602 Euro zu berappen sein. Und die Pflicht zur Veröffentlichung in der Wiener Zeitung fällt weg; sie schlägt sich mit 150 Euro zu Buche. Die Regierung verspricht sich davon frischen Wind bei Unternehmensgründungen, die zuletzt spürbar an Schwung verloren haben.

Die Wirtschaftskammer zählte im Vorjahr 27.194 neue Betriebe, um 361 weniger als 2011 und weniger als zum Höhepunkt der Krise 2009. Es war der schlechteste Wert seit zehn Jahren. Im ersten Halbjahr waren knapp elf Prozent der Newcomer Gesellschaften mit beschränkter Haftung - um mehr als sieben Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2011. Im EU-Vergleich rangierte Österreich bei der Gründerquote weit abgeschlagen auf den hintersten Rängen.

Das soll sich nun ändern, hofft VP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und verspricht mindestens zehn Prozent mehr neue GmbHs. Punkto Stammkapital sei Österreich künftig nicht mehr benachteiligt. Zum Vergleich: EU-weit sind dafür mindestens 8000 Euro aufzubringen. Ein Pfund ist es in Großbritannien, 18.000 Euro müssen Niederländer vorweisen. 12.000 Ungarn, 10.000 Italiener.

Einen Freibrief für "verantwortungsloses Handeln ohne rechtliche Folgen" sieht VP-Justizministerin Beatrix Karl nicht: Die Seriosität der GmbH bleibe immer noch gewahrt, wofür etwa der regelmäßige Jahresabschluss, die Eintragung ins Firmenbuch und die Einbindung von Notaren sorge.

Dass billigere Firmengründungen Missbrauch vorantreiben, hält auch Mitterlehner für "Unsinn": Vorsätzlicher Betrug sei nie gänzlich zu verhindern. Wer ehrlich agiere, für den sei die finanzielle Entlastung aber ein Anreiz für den Einstieg ins Geschäftsleben.

Gläubigerschützer sehen dies nach wie vor in einem anderen Licht: Sie fürchten, dass Lieferanten und Kunden nach Pleiten unterfinanzierter Glücksritter vermehrt durch die Finger schauen.

"Noch höhere Sicherheiten"

"Puren Aktionismus" nennt Insolvenzexperte Hans-Georg Kantner vom KSV1870 die Reform. Das geringe Mindeststammkapital sei "ein falsches Signal an Gründer", entwerte die bisherige GmbH. Wer kein Eigenkapital habe, brauche auch ihre Konstruktion nicht. Er erinnert daran, dass in England strenge Regeln allzu leichtfertige Pleitiers für ihr Geschäftsleben stigmatisierten. Es sei nichts ge- gen mehr Flexibilität einzuwenden - im Gegenzug aber brauche es klare Vorgaben für jede Branche, was unter ausreichender Kapitalisierung zu verstehen sei.

Dass die Reform einen Gründerboom auslöst, bezweifelt auch Gerhard Weinhofer, Chef der Creditreform. Im Gegenteil: Lieferanten und Banken würden künftig noch höhere Sicherheiten und persönliche Haftungen einfordern. Die Arbeiterkammer stößt sich an geringeren Einnahmen bei der Körperschaftssteuer: 50 Mio. Euro fielen im Jahr weg. Bis 2017 verliert der Fiskus kumuliert 180 Millionen. Mittlerlehner will dies durch neue Gründer kompensieren.

Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl begrüßt die Reform als " sinnvolle Erleichterung" für Gründer. Auch Volker Plass von der Grünen Wirtschaft heißt sie gut. Sie jahrelang hinauszuzögern sei freilich unnötig gewesen, zumal es ohnehin reichlich andere bürokratische Hürden für Jungunternehmer gebe. "Vor den Wahlen werden eben viele fleißig." (Verena Kainrath, DER STANDARD, 23./24.3.2013)