Die vom Wiener Wohnbaustadtrat Michael Ludwig vorgeschlagene Infrastrukturabgabe bringt nur einmal richtig viel Geld - danach einen einstelligen Millionenbetrag pro Jahr.

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STANDARD: Gegen Mitarbeiter von Wiener Wohnen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen der Vergabe von Malerarbeiten. Außerdem soll ein Mitarbeiter des Wohnservice einen sechsstelligen Betrag unterschlagen haben. Greifen die Kontrollen nicht?

Michael Ludwig: Die Kontrollen greifen, sonst hätten wir diese Fälle nicht aufgedeckt. Bei Wiener Wohnen hat offensichtlich eine private Firma über einen längeren Zeitraum Leistungen vorgegeben und nicht erbracht. Wir kontrollieren jetzt sämtliche Verbindungen, die wir mit dieser Firma gehabt haben. Bei dem Mitarbeiter, der offensichtlich beim Wohnservice Geld abgezweigt hat, war mir wichtig, dass wir sofort die Staatsanwaltschaft einschalten. Er wurde fristlos entlassen.

STANDARD: Gerade bei Sanierungen gab es immer wieder Vorwürfe von Preisabsprachen. Wird das durch großvolumige Auftragsvergabe gefördert?

Ludwig: Mittlerweile sind die Vergabekriterien so streng, dass es fast unmöglich ist, etwas Illegales vorzunehmen. Aber es darf auch nicht dazu führen, dass Vergabeprozesse erschwert und verlangsamt werden.

STANDARD: Die ÖVP will bei den Gemeindebaubewohnern alle zehn Jahre eine Gehaltsüberprüfung vornehmen. Warum lehnt das die SPÖ so kategorisch ab?

Ludwig: Ich halte diesen Vorschlag aus politischen, wirtschaftlichen und moralischen Gründen für falsch. Einerseits, weil eine soziale Durchmischung im geförderten Wohnbau sinnvoll ist. Der Gemeindebau soll auch für den Mittelstand attraktiv bleiben, und ich verstehe nicht, warum die ÖVP jene bestrafen möchte, die sich einen überschaubaren Wohlstand erarbeitet haben.

STANDARD: Aber ist es wirklich fair, dass jemand im Gemeindebau lebt, der das Doppelte oder Dreifache verdient wie sein Nachbar?

Ludwig: Er zahlt ja auch höhere Steuern und trägt damit zur Wohnbauförderung bei. Außerdem bin ich dagegen, Menschen regelmäßig zu kontrollieren.

STANDARD: Das Thema Wohnen hat jetzt die ÖVP aufs Tapet gebracht. Im Sommer war es die grüne Vizebürgermeisterin. Muss die SPÖ da aktiver werden?

Ludwig: Die SPÖ war und ist aktiv. Wir bauen in Wien im Jahr rund 6000 geförderte Wohnungen im Jahr. Es freut mich, wenn sich die anderen Parteien des Themas neu annehmen, aber wir setzen um.

STANDARD: Wurmt es Sie nicht, wenn - wie letztes Jahr - Maria Vassilakou mit dem Vorschlag einer Mietobergrenze eine Diskussion lostritt?

Ludwig: Nein. Aber man hätte sicher mehr Effekt erzielen können, wenn es hier eine Abstimmung mit uns gegeben hätte.

STANDARD: Die Zweckwidmung der Wohnbauförderung scheint wieder vom Tisch zu sein, weil die Bundesländer nicht mitspielen. Rechnen Sie noch mit einer Einigung?

Ludwig: Da ist Vizekanzler Spindelegger gescheitert. Groß Vorschläge zu machen und die nicht einmal in der eigenen Partei durchsetzen zu können zeugt nicht von großer politischer Durchschlagskraft. In Wien geben wir schon immer mehr Geld für Wohnbau aus, als wir über den Finanzausgleich dafür bekommen.

STANDARD: Hat sich Bundeskanzler Faymann durchgesetzt? Nicht in allen roten Ländern ist die Wohnbauförderung zweckgewidmet.

Ludwig: Der Vorschlag ist jetzt vom Vizekanzler gekommen, und ihn muss man daran messen.

STANDARD: Von der Infrastrukturabgabe, die alle 30 Jahre eingehoben werden soll, erhoffen Sie sich bis zu 100 Millionen Euro im Jahr. Ist das nicht viel zu optimistisch?

Ludwig: Wir würden ein System einführen, das Wohnhäuser, Gewerbe- und Bürogebäude einschließt. Zu Beginn wird diese für all jene fällig, deren Gebäude älter als 30 Jahre sind. In weiterer Folge werden die Einnahmen pro Jahr im einstelligen Millionenbereich sein. Es wäre ein System, mit dem Eigentümer einen kleinen Beitrag zur Erhaltung der Infrastruktur leisten. Eine Art Solidarbeitrag von jenen, die vorrangig davon profitieren. Aufs Jahr umgerechnet, sprechen wir von 46 Euro für ein Haus mit 3000 Quadratmetern Nutzfläche.

STANDARD: Müssen die Wiener mit weiteren Gebühren rechnen?

Ludwig: In meinem Bereich kann ich das ausschließen. Ich möchte darauf hinweisen, dass wir in den Gemeindebauten und im geförderten Wohnbau in den vergangenen zehn Jahren die Mieten nur an die Inflation angepasst haben. (Bettina Fernsebner-Kokert/Andrea Heigl, DER STANDARD, 22.3.2013)