Wissenschaftler der Charité in Berlin haben einen Zusammenhang zwischen der verzögerten Heilung von Knochenbrüchen und einer erhöhten Konzentration bestimmter Immunzellen im Blut von Patienten nachweisen können. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass das Immunsystem dieser Patienten auf einen Knochenbruch wie auf eine Infektion reagiert und zu bekämpfen versucht. Die Studie ist in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Science Translational Medicine publiziert.

In ihren Untersuchungen ist das Team um Georg Duda und Hans-Dieter Volk, beide am Berlin-Brandenburger Centrum für Regenerative Therapien (BCRT) an der Charité tätig, der Frage nachgegangen, welche Rolle das erworbene Immunsystem bei der Heilung von Knochenbrüchen spielt. Dabei haben sie sich auf sogenannte CD8+ T-Zellen konzentriert. Diese erkennen über spezifische Rezeptoren Krankheitsauslöser (Pathogene) und bekämpfen sie durch die Ausschüttung bestimmter Proteine (Zytokine).

Die Forscher fanden eine Verbindung zwischen der verzögerten Heilung eines Knochenbruchs und der erhöhten Konzentration einer Untergruppe der CD8+ T-Zellen im Blut der Patienten, den sogenannten TEMRA-Zellen. Diese Zellen sind Ausdruck eines gealterten Immunsystems, sie benötigen keinen direkten Kontakt zu einem Pathogen, um aktiviert zu werden, sondern reagieren direkt auf Entzündungssignale.

Verzögerter Heilungsverlauf

"Die Ergebnisse unserer Studie legen den Schluss nahe, dass die TEMRA-Zellen den Knochenbruch als eine Art Infektion interpretieren. Im Falle einer Fraktur wandern sie zum Ort der Verletzung und setzen dort verschiedene Zytokine frei, was die Funktion pro-regenerativer Zellen einschränkt und einen verzögerten Heilungsverlauf zur Folge hat", sagt Simon Reinke, einer der beiden Erstautoren der Studie. Bei der Übertragung dieser Ergebnisse auf ein Tiermodell zeigte sich, dass ein kurzzeitiges Ausschalten der CD8+ T-Zellen durch eine spezifische Antikörpertherapie das Heilungsergebnis deutlich verbesserte. Im Gegensatz dazu führte die Zugabe dieser Zellen zu einer entscheidenden Verlangsamung im Heilungsverlauf.

"Unsere Studie stellt eine mechanistische Verbindung zwischen dem individuellen Immunstatus des Patienten und seinem potentiellen Heilungsverlauf nach einer Fraktur her", so Sven Geißler, gleichberechtigter Erstautor der Veröffentlichung. Dieses Wissen soll zukünftig für die frühzeitige Prognose des zu erwartenden Heilungsergebnisses und zur rechtzeitigen Intervention genutzt werden. Darüber hinaus bilden die Erkenntnisse den Ansatzpunkt zur Entwicklung neuer Therapien zur Verbesserung und Beschleunigung der Heilung von Verletzungen des Knochens und anderer Gewebe. (red, derStandard.at, 21.3.2013)