Wien - Der in der Vorwoche neu gewählte Präsident der Akademie der Wissenschaften (ÖAW), Anton Zeilinger, will sich vor der konkreten Umsetzung der im Herbst in Grundzügen beschlossenen ÖAW-Reform Zeit für eine Analyse des Status quo nehmen. Er halte die angestrebte Entflechtung von Gelehrtengesellschaft und Forschungsträgerorganisation für "vernünftig", sagte Zeilinger am Mittwochnachmittag bei einer Podiumsdiskussion in der ÖAW.

"Dabei müssen wir bleiben. Wie die konkrete Struktur aber ausschaut, müssen wir uns genauer anschauen, das ist sehr heikel." Vor einer Entscheidung müsse man sich internationale Beispiele ansehen - "da kommt es auf ein paar Wochen oder Monate mehr oder weniger nicht an", sagte Zeilinger.

Hintergrund

Die ÖAW-Mitglieder haben zuletzt in einem Grundsatzbeschluss die Trennung von Gelehrtengesellschaft und Forschungsträgereinrichtung beschlossen, wobei das gemeinsame Dach ÖAW allerdings erhalten bleiben soll. Kernpunkte: Die Forschungsträgerorganisation mit Einrichtungen wie dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) oder dem Institut für molekulare Biotechnologie (IMBA) soll nicht mehr vom ÖAW-Präsidium geleitet werden, sondern von einem weisungsfreien wissenschaftlichen Direktor, dem ein Finanzdirektor zur Seite gestellt wird. Umgekehrt will man die Rolle der Gelehrtengesellschaft im Bereich Gesellschafts- und Politikberatung stärken. Zudem ist eine Verschlankung der derzeitigen Gremienstruktur geplant.

Zeilinger tritt sein Amt am 1. Juli an. Derzeit fehlt ihm noch "eine klare Analyse, wo wirklich die Probleme mit den jetzigen Satzungen und Geschäftsordnungen liegen". Es sei nicht richtig, die Akademie als reformfeindlich darzustellen. "In den letzten 20 Jahren hat man im Schnitt alle drei Jahre eine Reform gemacht - was man nicht gemacht hat, war zu schauen und zu sagen, was wirklich falsch läuft und was man wirklich verbessern muss." Die beschlossene Trennung von Gelehrtengesellschaft und Forschungsträgereinrichtung unterstützte er völlig - diese könne man aber heute schon stringenter durchsetzen.

Autonomie betont

"Was ich nicht gut finde ist, dass wir die strategischen Fragen nicht bei der Gesamtakademie belassen", betonte Zeilinger. Man dürfe nicht vergessen, dass diejenigen ÖAW-Institute, die heute als Aushängeschilder bezeichnet werden, auf Initiativen der Gelehrtengesellschaft zurückzuführen seien. "Ich bin auch nicht der Meinung, dass der Akademie-Präsident diese zwar nach außen vertritt, aber dann gar nix zu sagen hat. Er sollte zumindest strategische Ziele für sie formulieren können und schauen, dass gewisse Standards eingehalten werden." Natürlich sollten viele Dinge ausgelagert werden - etwa die Berufungen an Expertengruppen. "Aber der Präsident muss der Berufungskommission sagen können: 'Ich bin der Meinung, dass ihr nicht den besten Job gemacht habt.'"

Er sei zwar der Meinung, dass eine Reform noch heuer umgesetzt werden solle, meinte Zeilinger: "Aber wir müssen den Zwischenschritt der klaren Analyse machen." Hochhalten will Zeilinger die Autonomie der Akademie: "Wir dürfen uns nicht von außen unter Druck setzen lassen." Der amtierende ÖAW-Präsident Helmut Denk schränkte ein, dass man "als Realist gewisse Einschränkungen der Autonomie in Kauf nehmen muss". Die ÖAW sei auf staatliche Mittel angewiesen - anders als die Schwedische Akademie der Künste verfüge man nicht selbst über größere Besitztümer.

Beim Leiter des Instituts für Sozialanthropologie der ÖAW, Andre Gingrich, macht sich mittlerweile eine "organisatorisch-administrativ-bürokratische Ermüdung" bemerkbar. Er plädierte daher dafür, "diese Reform jetzt rasch zu erledigen - ohne Bocksprünge von irgendjemand, um diese Sache zu verzögern". Er plädierte für eine "saubere, klare Entflechtung zwischen Forschungsträgern und Gelehrtengesellschaft". Natürlich gebe es noch keine Einigkeit, wie diese genau aussehen solle. Wenn diese aber verbindlich beschlossen sei - und das solle noch in diesem Jahr sein -, müsse sie zügig umgesetzt werden. (APA/red, derStandard.at, 20.3.2013)