Wien - Bevor bei den Symphonikern im Sommer eine einjährige Sedisvakanz beginnt, füllt Fabio Luisi die ihm seit 2005 anvertraute Chefdirigentenposition des Orchesters noch ein letztes Mal mit vitaler Energie aus: "ultimi giorni."

Gleich vier Programme präsentiert der Genuese im März. Italien: Diesen roten Faden des zweiten Konzerts ergänzte der Generalmusikdirektor der Zürcher Oper und Chefdirigent der Metropolitan Opera bei der dritten Serie um einen originellen Schwerpunkt zum Thema Opernkomponisten. In den bezaubernden Soirées musicales op. 9 adaptierte Benjamin Britten Arietten und Opern-Ensembles Rossinis; Berio bearbeitete acht Romanzen Verdis für Orchester. Vier davon waren nun im Musikverein zu hören - eigentlich fünf, inklusive der Zugabe Rolando Villazóns, Il poveretto.

Ja, der allseits geliebte Gute-Laune-Mann hatte sich nach seinen Alfredos an der Staatsoper noch einmal Verdi zugewendet: Mit gleichbleibender Dauerintensität erzählte Villazón Geschichten der unterschiedlichsten emotionalen Tonarten, schönstimmig, viril. Visionär Verdis Vorwegnahme von Saint-Saens' Hit aus Samson et Dalila in der 1838 komponierten Romanze Deh, pietoso, oh Addolorata. Der Höhepunkt des Abends waren die reizenden Stimmungsbildchen von Rossini/Britten, die Spannungsbögen zwischen Delikatesse und luxuriösem Aufblühen etwa bei der Canzonetta. Diese elegante, tänzerische, elastische Dynamik, die Luisi hier stellenweise entfachte: Chapeau. Ob Luisi nicht auch zwei beglückende Händchen fürs Neujahrskonzert der Philharmonischen Kollegen hätte?

Ein wenig von der Verdi-Seite gesehen, dann Brahms' Vierte: deutlich mehr an der Darstellung des emotionalen Inhalts als an der Struktur interessiert. In den letzten Märztagen wird Luisi noch ein letztes Mal chefdirigierenderweise zu erleben sein - ebenfalls mit einem italienischen Opernschwerpunkt bei "Frühling in Wien".   (Stefan Ender, DER STANDARD, 21.3.2013)