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"A new CEO will be available in 4 months. Alternatively, you can buy one now via a micro transaction" – eine zynischer, aber treffender Kommentar eines Eurogamer-Lesers.

Foto: REUTERS/Gus Ruelas

John Riccitiellos Rücktrittsschreiben brachte auf den Punkt, was aus Sicht vieler Konsumenten falsch in der Videospielbranche läuft. In einer Hand voll Absätze fasste der scheidende Chef von Electronic Arts (EA) zusammen, auf welche Errungenschaften er stolz ist und aufgrund welcher Versäumnisse er dennoch die Bahn für einen Nachfolger freimacht. In über 1.600 Zeichen, die der CEO an den Vorstandsvorsitzenden Larry Probst richtete, kam Riccitiello nicht ein einziges Mal auf seine Kunden, die Spieler zu sprechen. "EAs Anleger und Angestellte erwarten Besseres und ich bin verantwortlich für den Fehlschlag." Und mit "Fehlschlag" spielt Riccitiello nicht auf verärgerte Kunden, sondern auf enttäuschende Umsatzerwartungen an.

Spielekapitalismus

EA wurde in den vergangenen Monaten wie kein anderer Spielhersteller für immer dreistere Geschäftsmodelle und -Praktiken kritisiert. Jede Meldung zu EA wird von dutzenden, manches mal sogar hunderten negativen Kommentaren von Usern begleitet. Der Horror-Shooter "Dead Space 3" schockierte die Fans mit eingestreuten Mikrotransaktionen, das Rennspiel "Real Racing 3" bremste Hobby-Rennfahrer mit künstlichen Wartezeiten aus und das neue "SimCity" darf man nur spielen, wenn man online ist. Die Möglichkeiten zur Verstrickung von Inhalten und Marketing scheinen unerschöpflich.

Dass EA von allen Industrievertretern die meiste Schelte in Form von Online-Protesten und Negativschlagzeilen abbekommt, mag auch daran liegen, dass EA keinen Hehl daraus macht. Wie in der internen Kommunikation zwischen Riccitiello und Probst, scheint auch in dem Verhalten gegenüber Kunden oft der Profit an oberster Stelle zu stehen. Doch obgleich diese Unverfrorenheit "optimistischer" Vermarktung zuzuschreiben sein mag, ist es tatsächlich ein Geschäftsgebaren, das von den meisten großen Herausgebern an den Tag gelegt wird. Free2Play, Miktrotransaktionen, Abomodelle, Day1-DLCs – all das findet man auch bei Activision, Ubisoft und Co., wie Kollege Rainer Sigl so treffend analysierte.

Die Freude geht verloren

Mehr denn je zeigt sich, dass Spiele Produkte von Konzernen sind, die vor allem eines erreichen wollen: Den Profit zu steigern. Aus Sicht des Kapitalisten ist dies nichts Verwerfliches – nur ein gewinnbringendes Unternehmen, ist ein gutes Unternehmen. Doch dieser Gedanke greift weiter gedacht ebenso zu kurz, wie die Ansicht, dass Spiele am besten nichts kosten sollten. Denn natürlich müssen Entwickler bezahlt und Betriebe am Leben gehalten werden. Arbeit hat schlicht und ergreifend ihren Preis.

Problematisch wird es jedoch, wenn bei aller Profitmaximierung vergessen wird, weshalb Konsumenten überhaupt dazu bereit sind, mitunter viel Geld für ein Videospiel abzulegen. Spiele sind wie alle Medienformen Genussmittel. Sie unterhalten, provozieren, regen zum Denken an oder berieseln einfach nur. Dafür sind Menschen bereit, zu bezahlen. Werden dem Spielgenuss nun zunehmend Stolpersteine in den Weg gelegt, läuft man Gefahr, dass Kunden die Freude an diesem Genussmittel verlieren. Ein Spiel ist ein kreatives Werk und Spieler sind die Förderer dieser Kunst. Marketing ist ein nützliches Werkzeug, um diese Kunst zu verkaufen. Doch kommt das Geschäft dem Inhalt in die Quere, verliert die Kunst unweigerlich an Wert.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Auf lange Sicht erscheint es daher bedenklich, dass Riccitiello wie auch andere CEOs in der Spielebranche den wirtschaftlichen Erfolg in neuen Geschäftsmodellen und Marketing suchen, anstatt sich in erster Linie auf die Inhalte zu konzentrieren. EAs große Millionen schwere Misserfolge der vergangenen Jahre, wie dem gescheiterten MMO "Star Wars: The Old Republic", dem misslungenen Neustart der Shooter-Serie "Medal of Honor" oder auch der Imageschaden durch das "SimCity"-Debakel sollten eigentlich als Mahnmal ausreichen.

Die großen Spielehersteller befinden sich in einer schwierigen Zeit des Wandels, in der es gilt, eine immer breitere Zielgruppe einzufangen. Bleibt nur zu hoffen, dass die Geschäftemacher bei der Entwicklung neuer Köder nicht vergessen, dass dieser Markt mit echten Spielen und nicht mit Taschentricks so groß geworden ist. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 23.3.2013)

Von John an Larry

Dear Larry,

I hereby offer my resignation as CEO of Electronic Arts effective with the end of our Fiscal Year 13 on March 30, 2013.

This is a tough decision, but it all comes down to accountability. The progress EA has made on transitioning to digital games and services is something I'm extremely proud of. However, it currently looks like we will come in at the low end of, or slightly below, the financial guidance we issued in January, and we have fallen short of the internal operating plan we set one year ago. EA's shareholders and employees expect better and I am accountable for the miss.

I have been at the helm as EA's CEO for six years and served as COO for nearly seven years starting in 1997. I know this company well, and I care deeply about its future success. I leave knowing EA is a great company, with an enormously talented group of leaders and the strongest slate of games in the industry. I could not be more proud of our company's games, from Battlefield and FIFA, to The Simpsons: Tapped Out and Real Racing 3. We have built many great franchises that will serve the company well in FY14 and beyond. In particular, I am confident that the investments we have made in games for next-generation consoles will put EA in a strong leadership position for many years ahead.

In offering my resignation, my goal is to allow the talented leaders at EA a clean start on FY14. I look forward to working with you in the coming weeks on an effective leadership transition. I'm extremely honored to have led this company and proud to have worked with all the great people at Electronic Arts.

Sincerely,

John Riccitiello

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