In Istanbul hat sich die syrische Opposition versammelt, um den Chef einer Exilregierung zu wählen. Zwei Jahre nach Beginn des Aufstands und dessen brutaler Repression sieht das wie ein logischer Schritt aus. Die Opposition reißt sich zusammen, sie will den ewigen Einwand entkräften, dass man mit so einem führungslosen Haufen nicht kooperieren kann. Großbritannien und Frankreich wollen Waffenlieferungen zulassen - dazu brauchen sie einen Partner, der auch vor Ort ist, sonst können sie die Waffen gleich an die Jihadisten schicken lassen.

Aber so einfach ist die Sache nicht. Nicht umsonst hält sich Muaz al-Khatib, der Chef der in Istanbul tagenden Syrian National Coalition, aus der Regierungsbildung heraus. Er vertritt eine andere Linie - und für die hat er ganz offensichtlich die Unterstützung Washingtons. Bei einer Pressekonferenz in Norwegen sagte der neue US-Außenminister John Kerry vorige Woche auf eine Frage nach den Vorgängen in Istanbul unter anderem folgenden Satz: "Wir wollen Assad und die syrische Opposition am Verhandlungstisch sehen, zur Bildung einer Übergangsregierung im Rahmen des Genfer Protokolls, das eine Zustimmung beider Seiten zu dieser Übergangsregierung vorsieht."

Dieser Satz dürfte den Regierungsbildnern in Istanbul nicht schmecken. Aber sie sind nicht der einzige Adressat: Der andere sitzt in Moskau und wird ihn freundlicher aufnehmen. Russland und die USA hatten sich nach Abschluss der Genfer Vereinbarung Ende Juni 2012 zwar gleich wieder über die Frage zerstritten, ob Bashar al-Assad eine Rolle in diesem Übergang haben sollte und welche. Aber wenn sich die USA nun auf Genf berufen, dann machen sie ganz bewusst einen Schritt zurück und schauen, ob dort nicht irgendwo Russland auf sie wartet - ohne das eine Syrien-Lösung nicht zu finden sein wird. Kerry hat das offenbar besser verstanden als seine Vorgängerin Hillary Clinton. Erstaunlich ist, dass gerade jetzt einige EU-Länder vorpreschen und die Wünsche und Empfehlungen erfüllen wollen, die aus Katar kommen.

Von Khatib wird gesagt, dass er am Ende seiner kurzen Karriere als Oppositionsführer angekommen ist. Das stimmt wohl auch dann, wenn die Regierungsbildung einmal mehr nicht vonstattengehen sollte, weil nicht genug Posten für alle da sind. Wenn sie doch gelingt, kann neben Khatib auch Uno-Vermittler Lakhdar Brahimi seinen Hut nehmen. Dann gibt es nichts mehr zu verhandeln. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 19.3.2013)