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Als demokratischer Präsidentschaftskandidat besuchte Barack Obama im Juli 2008 die sogenannte Klagemauer (Westliche Mauer) in Jerusalem.

Foto: AP/Hong

Jimmy Carter muss keine diplomatischen Rücksichten mehr nehmen, er provoziert gern, spitzt polemisch zu, zumal er auf diese Weise nicht völlig aus den Schlagzeilen verschwindet. "Die USA haben keinerlei Einfluss, weder in Jerusalem noch bei den Palästinensern, und ich bedaure das sehr", dozierte er jüngst im Commonwealth Club in San Francisco. Zudem, fügte der Expräsident ein wenig sperrig hinzu, sehe er " ein nahezu komplettes Fehlen" amerikanischer Bemühungen, Differenzen zwischen den Konfliktparteien verhandelnd auszugleichen.

Immerhin schaffte Carter, was seinen Nachfolgern, von Ronald Reagan bis Barack Obama, versagt blieb. In der Waldidylle von Camp David vermittelte er 1978 den ägyptisch-israelischen Friedensvertrag, den historischen Durchbruch zwischen Anwar el-Sadat und Menachem Begin. Aufbauend auf dem Pendeldiplomaten Henry Kissinger, begründete er damit zugleich eine Erwartungshaltung.

Reisen US-Staatschefs in den Nahen Osten, werden sie zwangsläufig gefragt, welchen Plan sie in der Tasche haben. Morgen, Mittwoch, wird Obama zum Auftakt seiner Nahostreise in Israel landen, ohne Friedensinitiative, wie sein Berater Ben Rhodes, Vizechef des nationalen Sicherheitsrats, klargestellt hat.

Neben Gesprächen in Jerusalem, Ramallah und Amman stehen unter anderem Besuche der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, der Geburtskirche in Bethlehem und der antiken Wüstenstadt Petra auf dem Programm. In einer Kongresshalle Jerusalems, nicht im Parlament, in der Knesset, spricht der Gast zu jungen Israelis, aus seiner Sicht der wichtigste, symbolträchtigste Termin des dreitägigen Trips. Obama versteht den Auftritt als spätes Pendant zu seiner Kairoer Rede, in der er 2009 die Aussöhnung mit der islamischen Welt anvisierte. Er will, so erklärt es Rhodes, ausbrechen aus der Politikblase mit ihren ewig gleichen Gesichtern und stattdessen auf die Kraft der öffentlichen Meinung bauen, um den Akteuren Kompromisse abzuringen.

Hillary Clintons Vorstoß

Es sind Skizzen, die in Washington auf eine gehörige Portion Skepsis stoßen, denn schon der Rhetorik von Kairo folgte seinerzeit nur wenig Substanz. Dann zeigte auch der Arabische Frühling, dass die USA in der Region im Wesentlichen Zuschauer sind. Damals drängte Außenministerin Hillary Clinton, dies wurde erst jetzt bekannt, Obama zu einem kühnen Vorstoß. Über die Köpfe der Streithähne hinweg sollte er eine Zweistaatenlösung für Israelis und Palästinenser vorschlagen und die Blockade aufbrechen. Er bremste, kalkulierte kühl. Um die Grenzen seines Einflusses wissend, fürchtete er die Blamage.

Ob sich daran etwas ändert? Aaron Miller, unter Bill Clinton Nahostvermittler, heute Gelehrter am Washingtoner Woodrow Wilson Center, glaubt zumindest an einen Versuch. Falls sich Israelis und Palästinenser bis Herbst 2014 nicht doch einen Ruck geben, werde Obama die Parameter einer Friedensregelung vorgeben, orakelt Miller. "Ich glaube nicht, dass er sein Amt verlässt, ohne ein Problem anzugehen, das ihn so lange so gründlich frustrierte." (Frank Herrmann, DER STANDARD, 19.3.2013)