(Jetzt. Wohnzimmer in Wien. An einem Tisch ein Mann Mitte fünfzig und ein etwa dreißigjähriger Mitarbeiter eines Meinungsforschungsinstituts, einen Fragebogen vor sich.)

FRAGER: Bei unserer Umfrage geht es um die Nazidiktatur aus heutiger Sicht. Finden Sie, dass unter Hitler alles schlecht war, oder hat es auch positive Aspekte gegeben?

BEFRAGTER: Alles schlecht. Bis hinunter zu diesem widerlichen Schnauzbart.

FRAGER (macht eine Eintragung): Ich möchte das gern ein bisschen differenzieren. Sie denken bei Naziherrschaft verständlicherweise an Weltkrieg, Vernichtungslager. Aber das ist ja nicht alles. Viele sagen zum Beispiel, Autobahn, das war schon was.

BEFRAGTER: Die war nur, dass die Panzer rollen.

FRAGER: Der Volkswagen. Das billige Auto für jedermann.

BEFRAGTER: Eine Katastrophe. Schauen Sie sich um! Wir ersticken im Abgas.

FRAGER: Der Beruf des Heilpraktikers. Ohne Hitler undenkbar.

BEFRAGTER: Genau! Und genauso gemeingefährlich! Die Familienaufstellung hat er wahrscheinlich auch erfunden!

FRAGER: Ich sehe schon, Sie finden wirklich alles schlecht. (Macht Eintragungen.) Wie stehen Sie zur Kirchensteuer?

BEFRAGTER: Eine Sauerei.

FRAGER: Aber wenn Sie, sagen wir, nicht Sie wären, sondern der Kardinal Schönborn. Dann würden Sie sie wahrscheinlich gut finden.

BEFRAGTER: Dann schon.

FRAGER: Das heißt, es gibt also doch das eine oder andere Positive an der Nazidiktatur, kann man das so sagen?

BEFRAGTER: Für bestimmte Berufsgruppen trifft das sicher zu.

FRAGER (macht Eintragungen): Vielen Dank, das war's schon. (Er packt seine Unterlagen zusammen, steht auf, reicht dem Befragten die Hand.)

FRAGER: Haben Sie übrigens gewusst, dass nach jüngsten Umfragen 97,6 Prozent der Österreicher anfällig sind für nationalsozialistisches Gedankengut? Ist das nicht bestürzend?

BEFRAGTER: Allerdings. Nazigesindel.

(Vorhang)

(Antonio Fian, DER STANDARD, 16./17.2013)

Material: Conrad Seidl: "Umfrage: 42 Prozent sagen 'Unter Hitler war nicht alles schlecht' - der Standard, 9. März 2013