Photographien von überlappenden Stoffballen in Judith Huemers Ausstellung "Territory".

Foto:Binder

Linz – Schon beim Eintritt in den Wappensaal wird der Besucher zurückgeworfen. Eine schwarze Acrylglasplatte hängt von der Decke – zu wenig nah an der Eingangstür, um zu blockieren, und doch zu nah, um nicht zu irritieren. Die Platte versperrt den Blick auf die an der Wand dahinter montierte siebenteilige Fotoserie namens "Territory", die titelgebend für diese Einzelausstellung ist.

Schmale Balken in schwarzen Prints, die einen Blick auf ein urbanes Umfeld freigeben – ein Blick, der als Subjektive aus dem Inneren einer Burka geworfen wird und gleichzeitig die sinnbildliche Umkehrung eines Zensurbalkens bedeutet, erklärt Judith Huemer.

Am Ende des zweiten Saals hängen großflächige Fotografien von übereinandergeschichteten Stoffballen, die aus der Distanz wie akribische Malereien wirken; erst bei näherer Betrachtung entdeckt man die kleinen "Fehler" – Falten, dunkle Stellen im Stoff -, mit der eine vordergründige ästhetische Perfektion gebrochen wird. Die fünf Tafeln überlappen sich, eine reicht bis an die Decke, andere imitieren die Ausrichtung der dahinterliegenden Säulen. Im Durchgang zwischen den beiden Räumen ist eine pinkfarbene Neonschrift montiert: "Werden".

Die 1969 geborene Künstlerin bezieht sich auf den französischen Philosophen Gilles Deleuze, sieht sich als eine, die sich in der künstlerischen Ausformung höchst privater Themen "dazwischen" positioniert, im "Werden" eben.

Huemers Raumkonzept erinnert an Deleuze und seine Rhizom-Metapher, die als erkenntnistheoretisches Organisationsmodell Verweise und Querverbindungen zulässt. Eine Schau, die die Enge von Museumsräumen aufbricht, die aber doch mit allzu Offensichtlichem – wie geradlinig kunstgewordenen Deleuz'schen Zitaten – die Sehnsucht nach Witz nährt. (Wiltrud Hackl, DER STANDARD, 16./17.3.2013)