Wien - Krisenbewältigung durch Sex am Bau und Spiritualität als Witz gab es zum Auftakt des Image-Tanzfestivals im Brut-Theater. Bei ihrem Projekt The Humping Pact setzten die Wahlberliner Diego Agulló und Dmitry Paranyushkin auf eine persiflierte Lecture-Performance und explizite Bilder. "Humping" meint übrigens die Bewegungssimulation von Geschlechtsverkehr. Und das haben sie mitten in die Krise gepflanzt. Wobei Krise auch "entscheidende Wende" bedeutet. Weil dies eine unberechenbare Bewegung ist, gründeten sie ein Institut für Transnomie, in dem Übergangszustände studiert werden und das mit dem Berliner Max-Planck-Institut kooperiert. Angeblich.

Entsprechend seriös führen die beiden ihre Theorie von den Zusammenhängen zwischen Humping und Erotik am Bau aus. Doch Irritationen schlagen durch: eine simulierte Publikumsmeditation, satirische kunsthistorische Herleitungen und die Penetration einiger Architekturjuwele. In Videobeispielen reiben sich nackte Männerkörper - die beiden Künstler in tricktechnischer Vervielfältigung - an den Fassaden der Gloriette, der Votivkirche oder des Musikvereins, bis die Stimmung im Publikum einen kritischen Punkt erreicht: Auch im Theater gibt es keine Erlösung.

Karten legen

Florentina Holzinger und Vincent Riebeek bestritten mit Spirit den zweiten Akt des Image-Eröffnungsabends: Bunt, penetrant und mit entwaffnendem Kitsch entblößen die Österreicherin und der Holländer nicht nur ihre Körper, sondern stellen auch die Flucht in esoterische Wunderwelten bloß.

Entblättert werden die Heilsversprechungen von Popkultur, ausdrucksvollem Tanz oder virtuoser Zirkusromantik: Diese Enthüllungen kommen allerdings als Fest daher, Gefühle und Illusionen werden ausschweifend zelebriert. Am Ende werden dem Publikum Tarotkarten gelegt. Das Ergebnis bedeutet etwas. Vor allem, dass die Karten nicht ernst genommen werden müssen. Und dass Tanz dabei ist, neuen Eingang in die Popkultur zu finden. (ploe, DER STANDARD, 14.3.2013)