Zu zweit gegen den Rest der Welt: Ignaz Pluhar und Birgit Wolf leben im Theater Scala eine unmögliche Liebe.

Foto: Bettina Frenzel

Den Filmkunstwerken Rainer Werner Fassbinders (1945-1982) eignet eine beispiellose Überzeugungskraft. "Angst essen Seele auf" (1974), die wundersam traurige Ballade von der "Mesalliance" einer älteren Dame mit einem jungen Araber, wirkt keinen Deut veraltet. Als Bühnenstück im Wiedner Theater Scala von Doris Harder in Szene gesetzt, entfaltet der Stoff eine seltsam hermetische Pracht. Zu Beginn werden im Radio die Schlagzeilen vom 10. Juni 1982 heruntergebetet: Der Falkland-Krieg entbrennt, Rainer Werner Fassbinder ist gestorben ... Ein Regenschwall ergießt sich aus dem Schnürboden. Emmi (Birgit Wolf), die verwitwete Reinigungsfrau, trippelt wie eine gute Putzfee in jenes nicht ganz ehrbare Café, in dem Ali (Ignaz Pluhar) die Zeit totschlägt. Die sich entspinnende "unmögliche" Liebesgeschichte ist eine Legende - viel zu herzzerreißend, um auch wirklich wahr zu sein.

Aber auch Fassbinder war bekanntlich bei dem alten Tränenerpresser Douglas Sirk in die Schule gegangen. Die ganze Unternehmung kommt hübsch lehrstückhaft daher. Die Umwelt verweigert dem glücklich-liebenden Paar die Anerkennung, Zwist und Traurigkeit sind die Folgen. Trotzdem besitzt diese naive Heiligengeschichte ein paar rührende Momente, die hauptsächlich dem minimalistischen Spiel der beiden Protagonisten zu verdanken sind. Mitunter ist Liebe tatsächlich kälter als der Tod. Doris Harders Inszenierung entzündet ein kleines, wärmendes Lichtlein. (poh, DER STANDARD, 13.3.2013)