Genf/Pjöngjang - Die nordkoreanische Führung verletzt nach Ansicht eines UN-Beobachters ständig die Menschenrechte der eigenen Bevölkerung. Er habe neun Vorgehensweisen Pjöngjangs identifiziert, von denen einige oder sogar alle als Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingestuft werden könnten, sagte der UN-Menschenrechtsbeobachter Marzuki Darusman am Montag vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf. Er sprach von "systematischen" und "breit angelegten" Angriffen auf die Zivilbevölkerung.

Den Menschen werde Essen vorenthalten, es gebe Folter und willkürliche Festnahmen, berichtete Darusman. Er kritisierte auch das Fehlen von Meinungsfreiheit für die Nordkoreaner. Darusman sprach zudem über die berüchtigten Gefangenenlager in Nordkorea, in denen Schätzungen zufolge mindestens 200.000 Menschen festgehalten werden. Politische Häftlinge lebten dort unter "sklavenartigen Bedingungen". Die Menschenrechtsverletzungen in den Lagern oder sogar die bloße Existenz dieser Einrichtungen könnten als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewertet werden, sagte Darusman.

Er verurteilte zudem Entführungen von Ausländern, die insbesondere Japaner betreffen. Die Entführten werden möglicherweise dazu missbraucht, nordkoreanische Geheimagenten über ausländische Kulturen zu informieren.

Nordkorea weist Vorwürfe zurück

Der nordkoreanische Vertreter beim Menschenrechtsrat, So Se Pyong, wies die Anschuldigungen zurück: "Die Menschenrechtsverletzungen, die in diesem Bericht genannt werden, gibt es nicht." Er beschuldigte Darusman, mit "feindlichen Kräften" wie den USA, der EU und Japan zusammenzuarbeiten.

Darusman konnte Nordkorea nicht bereisen, sondern stützte sich für seinen Bericht vor allem auf Angaben von Nordkoreanern, die aus dem Land geflohen waren. Er forderte die Einrichtung einer internationalen Kommission, um die Vorgänge in dem Land zu untersuchen. Es wird erwartet, dass Japan und die EU dem Menschenrechtsrat eine entsprechende Resolution vorlegen werden. Das Gremium tagt noch bis zum 22. März.

UN-Menschenrechtsrat will nachbohren

Mehrere Mitgliedsländer des UN-Menschenrechtsrats wollen diesen Berichten über schwere Menschenrechtsverletzungen in Nordkorea nachgehen. Die EU teilte mit, gemeinsam mit Japan eine Untersuchung der Vorwürfe einfordern zu wollen. Diplomaten sagten der Nachrichtenagentur dpa, der Vorschlag dürfte wohl eine Mehrheit im Menschenrechtsrat finden.

USA kündigen neue Sanktionen an

Die USA haben unterdessen im Streit über Nordkoreas Massenvernichtungswaffen weitere Sanktionen gegen das kommunistische Land verhängt. Betroffen sei die Bank für Auslandshandel, kündigte der Nationale Sicherheitsberater von Präsident Barack Obama, Tom Donilon, am Montag in einer Rede in New York laut Redetext an. Die Bank ist die Hauptstelle für Devisentausch in Nordkorea. "Die USA werden nicht akzeptieren, dass Nordkorea eine Atommacht wird", sagte Donilon weiter. An China gerichtet sagte er, die Geschäfte dürften nicht einfach weiterlaufen wie bisher, während Nordkorea die Nachbarstaaten bedrohe.

Nach dem dritten Atomtest Nordkoreas im Februar hatte der UN-Sicherheitsrat seine Sanktionen verschärft. Die Regierung in Pjöngjang drohte dem Süden daraufhin, den Waffenstillstand aufzukündigen, und den USA mit einem Atomschlag. Die USA und ihre Verbündeten in der Region versuchen seit Jahren, Nordkorea von seinem Atomprogramm abzubringen. China ist der letzte große Verbündete des Landes. (APA, 11.3.2013)