Wien - Regierungsgebäude, Autobahnen, Immobilien, Wasserwerke: Auf der Webseite des griechischen Privatisierungsfonds HRADF werden an die 70 Objekte aufgelistet, die in den kommenden Jahren an Investoren verkauft werden sollen. So steht derzeit mit Odie der staatliche Anbieter für Pferderennwetten zum Verkauf. Bis Mitte April können Interessierte noch Angebote abgeben.

Griechenlands Budgetsanierung hängt wesentlich davon ab, ob es der Regierung gelingt, Interessenten für Unternehmen wie Odie zu finden. Bis 2016 will Athen zehn Milliarden Euro aus der Privatisierung von Staatsbesitz einnehmen. Doch das Programm steht unter keinem guten Stern.

Übers Wochenende musste HRADF-Chef Takis Athanasopoulos zurücktreten, nachdem bekannt wurde, dass er wegen Untreue angeklagt wird. Zwar stammen die Vorwürfe gegen Athanasopoulos aus dem Jahr 2007, als er Chef einer staatlichen Elektrizitätsgesellschaft war. Doch die Affäre dürften der Reputation des Privatisierungsfonds zusetzen.

Athanasopoulos hatte sein Amt nämlich gerade ein halbes Jahr inne. Bereits sein Vorgänger, Kostas Mitropoulos, war im Juli 2012 vorzeitig zurückgetreten. Mitropoulos gab auf, weil er sich bei der Umsetzung der Privatisierungsagenda von der Politik im Stich gelassen fühlte.

Tatsächlich liest sich Griechenlands Privatisierungsprogramm wie eine Liste der Fehlschläge. 2010 hatte das Land erstmals mit seinen Geldgebern aus der Eurozone und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) den Verkauf von Staatsbesitz vereinbart. Nachdem außer der Erstellung von Plänen wenig voranging, drückten im Frühjahr 2012 alle Beteiligten aufs Gas: Die Regierung in Athen sagte den Verkauf von Staatseigentum im Wert von 50 Milliarden Euro bis 2022 zu.

Wie man in Athen auf diese Summe kam, wurde nie erklärt. Der IWF hob in seinen Analysen hervor, dass die Pläne ambitioniert, aber realisierbar wären. Doch prompt kam es zu Verzögerungen: Anstatt der angepeilten 3,2 Milliarden Euro nahm die Regierung 2012 nur sechs Millionen über Privatisierungen ein.

Dass der Verkauf schleppend lief, war für Experten nie verwunderlich. Wegen des politischen Stillstandes rund um die Parlamentswahlen 2012 wurden viele Gesetze nicht erlassen. Wegen der Krise gab und gibt es zudem kaum Kaufinteressenten für griechische Unternehmen. Hinzu kommt, dass es in Griechenland kein vollständiges Grundbuch gibt.

Diese Schwierigkeiten waren alle bekannt, doch ohne die Einrechnung der Verkaufserlöse hätten weder IWF noch die Euroländer behaupten können, dass Griechenlands Schulden tragfähig sind. Seitdem man sich im November 2012 darauf geeinigt hat, Athen mehr Zeit für die Reformen zu geben, wurden auch die erwarteten Privatisierungserlöse nach unten revidiert: Staat 50 Milliarden Euro ist nun von 23,5 Milliarden Euro bis 2020 die Rede.

Doch viele Experten halten selbst diese Zahl für zu optimistisch. Der 2011 gegründete Privatisierungsfonds, eigentlich eine Aktiengesellschaft in Staatsbesitz, sei zwar bemüht, meint der österreichische Handelsdelegierte in Athen, Bruno Freytag, "viel weitergebracht haben sie aber nicht."

So läuft der erste Großverkauf des Glücksspielkonzerns OPAP derzeit noch. Den Deal finalisieren soll nun Stelios Stavridis, der bisherige Manager des Wasserversorgers Eydap wurde am Montag zum Chef des Privatisierungsfonds ernannt. Einige Gewinner des langwierigen Privatisierungsprozesses stehen übrigens bereits fest: Die griechischen Behörden ziehen für jedes Verkaufsprojekt Berater hinzu, zumeist engagieren sie ausländische Unternehmen und Kreditinstitute wie die Deutsche Bank, Barclays und die Crédit Agricole. (András Szigetvari, DER STANDARD, 12.3.2013)