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Proteste in Kairo: Demonstranten lieferten sich Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften.

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Nicht alle Ultras vor dem Kairoer Ahly-Club waren glücklich über die dunklen Rauchsäulen in der Umgebung ihres Stadions, die von einem Freizeitklub der Polizei und dem Gebäude des ägyptischen Fußballverbands aufstiegen. "Man kann über die Urteile geteilter Meinung sein, aber diese Gewalt schadet nur dem Fußball und dem Ansehen der Ultras", meinte Walid, einer von Tausenden, die sich am Samstag im noblen Stadtteil Zamalek versammelt hatten.

Die Wut hatte sich an den Freisprüchen für sieben Polizeioffiziere entzündet, nur zwei der angeklagten Sicherheitsleute erhielten 15-jährige Gefängnisstrafen. Das Gericht hatte die 21 Todesurteile bestätigt, die im Jänner ausgesprochen worden waren. 24 Angeklagte erhielten zum Teil langjährige Gefängnisstrafen, 28 wurden freigesprochen. Der Prozess geht nun in die nächste Instanz.

Die Tumulte, die nach einem Match zwischen Ahly und dem lokalen Verein al-Masry im Februar vergangenen Jahres ausbrachen, hatten 74 Tote gefordert. Fußballfans beider Seiten werfen den Sicherheitskräften Versagen vor. Die Ahly-Ultras beschuldigten Polizei und Anhänger des alten Regimes im Innenministerium sogar, die Panik provoziert zu haben.

Kritik von Menschenrechtlern

Menschenrechtsanwälte beurteilten die Verhängung von 21 Todesurteilen in einem Prozess als harsch. Das Gerichtsverfahren hat bisher wenig zur Aufklärung der Hintergründe der Tragödie beigetragen. Das Misstrauen in die Justiz und die Untersuchungsbehörden ist auf beiden Seiten groß.

Die Ahly-Ultras haben weitere Proteste angekündigt. In Port Said gingen nach der Urteilsverkündung am Samstag ebenfalls Tausende auf die Straße und versuchten - allerdings ohne Erfolg - den Schiffsverkehr auf dem Suezkanal zu blockieren. In der Kanal-Stadt, wo das Militär die Sicherheit übernommen hat, verlangen die Menschen Aufklärung über die dutzenden Toten bei Protesten in den letzten Wochen. Mit Aktionen von zivilem Ungehorsam wehren sich die Einwohner von Port Said dagegen, dass die ganze Stadt für die tödlichen Ereignisse auf dem Fußballplatz verantwortlich gemacht wird.

Polizei im Hintergrund

Proteste gegen Einrichtungen der Polizei gab es in mehreren Provinzen des Landes. Die meist jugendlichen Demonstranten werfen den Sicherheitskräften brutales Vorgehen vor. Die Polizei ihrerseits wehrt sich mit Streiks dagegen, dass sie die Konfrontationen mit den Bürgern austragen muss. An mehreren Orten hat deshalb die Armee den Schutz von Polizeigebäuden übernommen, während sich die Polizei im Hintergrund hält. Politische Beobachter ziehen bereits Vergleiche mit dem 28. Jänner 2011, als sich in den Revolutionswirren die Polizei zurückzog und die Armee auch die Zuständigkeit für die innere Sicherheit des Landes übernommen hatte. (Astrid Frefel, DER STANDARD, 11.3.2013)