Blieb Österreich verbunden: Lebler.

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Penticton/Wien - Eine Gnade der frühen Geburt könnte sein, dass im weltweiten Netz noch nicht allzu viel hängengeblieben ist. Zu Ed "Eddy" Lebler, Jahrgang 1958, findet sich, sieht man vom üblichen Wikipedia- und Eishockey-Statistikzeugs ab, nur die Seite 68 des "Wisconsin State Journals", Ausgabe vom 30. Mai 1982. "Miss Mary V. Botham and Ed K. Lebler were married Friday at Our Lady Queen of Peace Catholic Church", heißt es da. Und weiter hinten, am Ende der Annonce: "In August, they will move to Klagenfurt, Austria, where he will play hockey."

Was in der Zeitung, zumindest was im "Wisconsin State Journal" steht, das stimmt - so und nicht anders ist es also gewesen. Da hatte Eddy seine erste Saison in Österreich, beim HC Salzburg, schon solo hinter sich, weil Mary an der Uni von Wisconsin-Madison, wo sie sich kennengelernt hatten, noch ihr Studium (Lehramt) abschließen musste. In Klagenfurt sollten sie und Eddy sieben Jahre lang bleiben, dort sollte sie drei ihrer vier Söhne zur Welt bringen, Marcus (*1985), Michael (*1986) und Brian (*1988).

Aus der Steiermark nach Kanada

Die vier Söhne - Steven (*1995) kam noch dazu - waren "ausgleichende Gerechtigkeit", sagt Lebler heute. Schließlich wurde er selbst quasi im Sandwich zwischen der älteren Schwester Romana und der jüngeren Schwester Carla groß. Leblers Eltern Karl und Frieda waren Anfang der 50er aus der Steiermark nach Kanada ausgewandert, Karl war auf einem Bauernhof in Fladnitz, Frieda in Rohr aufgewachsen. In Vanderhoof in British Columbia gab's, was es in Fladnitz und Rohr nach dem Krieg nicht gab: Arbeit. Karl half bei einem Staudammbau, wurde Holzfäller, führte ein Lokal, wurde Schuster, arbeitete in einem Spital. Die Kinder sollten es besser haben. Nach Romanas Geburt wurde bei Leblers nur noch Englisch geredet. Und es wurde auf die Ausbildung der Kinder geschaut. Eddy studierte Pharmazie, sammelte schon neben dem Studium Praxis in einer Apotheke. Vor allem im Sommer.

Im Winter wurde Eishockey gespielt. "Damit wachsen die Buben in Kanada auf", sagt Eddy, der als Dreijähriger schon aufs Eis ging. Er wurde Stürmer, und er wurde gut, spielte für die Langley Lords und für seine Uni, die 1981 den NCAA-Titel holte. NHL-Klubs interessierten sich für ihn, gedraftet wurde er nicht. Bei St. Louis Blues hätte er sich im Spätsommer 1981 im Trainingscamp beweisen können, aber riskiert, am Ende ohne Vertrag dazustehen.

Deutsch von den Mitspielern

Österreich lag zwar weit weg, aber auch nahe, schließlich hatte Lebler die Doppelstaatsbürgerschaft. Salzburg bot einen Vertrag für ein Jahr, Lebler musste sich im Mai entscheiden, entschied sich gegen das Risiko. " Manchmal frage ich mich, ob ich eine Chance in der NHL gehabt habe", gibt er zu. "Aber Mary und ich hatten in Österreich eine famose Zeit, vielleicht die beste Zeit unseres Lebens." Das Deutsch, das ihn seine steirischen Eltern nicht gelehrt hatten, lernte er nun von den Mitspielern. Er spricht es heute noch fließend.

Die Austrokanadier nahmen keine Legionärsplätze in Beschlag, Lebler war einer der Ersten nach Jeff Geiger und Rick Cunningham. Ab 1982 hackelte er fürs Team, sieben B-Weltmeisterschaften machte er mit und zwei Olympische Spiele. Unter zwölf Nationen kam Österreich 1984 in Sarajevo auf Rang zehn, 1988 in Calgary auf Rang neun, da wie dort steuerte Lebler zwei Tore bei, 1984 traf er beim 1:8 gegen Kanada, das war schon etwas Besonderes. Lebler neigt nicht dazu, dick aufzutragen. "Ich glaub, es war ein Schlagschuss", sagt er. Ich wollte ins lange Eck schießen, die Scheibe ist ins kurze Eck gegangen." Oder so ähnlich.

Nur König traf öfter

Mit 69 Treffern in 111 Länderspielen ist Lebler der zweitbeste Torschütze in Österreichs Eishockey-Geschichte, nur Rudi König hat öfter getroffen, 105-mal bei 158 Gelegenheiten. Beim KAC wurde Lebler ab 1985 viermal in Folge Meister und eine Legende, der man den Spitznamen " Playoff-Eddy" verpasste und sogar verzieh, dass sie 1989 zum Erzrivalen nach Villach wechselte. "Der KAC wollte mich nur um ein Jahr verlängern, Villach bot mir einen Dreijahresvertrag, Und wir waren froh, dass wir in der Nähe bleiben konnten, wir hatten viele Freunde in Klagenfurt." Mit dem VSV holte Lebler seinen fünften Titel ('92), er hängte in Zell/See noch ein Jahr an, dann war Schluss.

Die Überlegung, in Österreich zu bleiben, war nur eine kurze. "Ich habe zwei Schwestern, Mary hat sechs Schwestern, wir sind Familienmenschen", sagt Eddy. Seine Eltern waren nach der Pensionierung des Vaters nach Penticton übersiedelt, wo die Familie früher öfter auf Urlaub war, die jungen Leblers zogen ihnen nach. Penticton (30.000 Einwohner) liegt im Süden von British Columbia zwischen den Seen Okanagan und Skaha Lake. " Kleiner, aber ähnlich wie Klagenfurt", sagt Lebler. "Zu Weihnachten haben wir Schnee, aber er bleibt nicht lange. Und die Sommer sind wunderbar."

Vor 25 Jahren hat man mit Eishockey kaum ausgesorgt, Eddy fand in Penticton bald eine Stelle. Seit zwanzig Jahren ist er Manager einer Wal-Mart-Apotheke in einem großen Einkaufszentrum. Das Leben besteht nicht nur aus Arbeiten, es besteht im Winter nach wie vor aus Eishockeyspielen, zweimal die Woche, "nur zum Spaß und ohne Schiri", im Sommer besteht es auch aus Golfspielen. Die Leblers besitzen ein Boot, besitzen Wasserski- und Angelausrüstungen. Dank Computer und Fernseher kann Eddy via ServusTV die Erste Bank Liga verfolgen, dank Telefon kann er regelmäßig mit seinem besten Spezi von damals plaudern, mit Herbert Pöck, der sein Mitspieler und später Teamchef war.

Wegen der Spezis von damals hat Lebler auch immer wieder in Österreich vorbeigeschaut, mittlerweile gibt es für Besuche noch einen Grund. Von Eddys vier Buben, die natürlich alle Eishockey spielen, hat es Brian am weitesten gebracht, nach Linz und zum österreichischen Meistertitel (2012). Brian, einer der besten Stürmer der Liga, ist ab Herbst für Österreich spielberechtigt und ein Kandidat für Olympia 2014 in Sotschi, wo Österreich unter anderem gegen Kanada antritt. "Ob ich dann in Sotschi dabei bin?" Eddy Lebler antwortet selbst: "Dreimal darfst du raten." (Fritz Neumann, DER STANDARD, 11.03.2013)