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Kim Jong-un inspizierte am Freitag Truppen in Nordkorea.

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Die neue Koreakrise sorgt nun auch in China für gröbere Irritationen. Peking zeigt sich über die zunehmend irrationalen und schrillen Töne beunruhigt, mit denen sich Nordkorea und inzwischen auch Südkorea vor gegenseitiger Vernichtung und "Vertilgung vom Erdboden" warnen. Die Sprecherin des Pekinger Außenamtes Hua Chunying nannte die aktuelle Lage auf der koreanischen Halbinsel "hochgradig heikel und kompliziert". Ihre besorgte Stellungnahme fiel aus dem Rahmen üblicher abwiegelnder Äußerungen ebenso wie Pekings Herunterstufung des Sonderstatus, den Nordkorea immer für Chinas Führung hatte. Erstmals nannte Hua die Beziehung zwischen beiden Ländern ein "normales Verhältnis", wie es die Volksrepublik auch zu anderen Staaten unterhalte.

Nordkorea verliert damit seinen letzten politischen Verbündeten unter den Großmächten, von dem es auch noch wirtschaftlich und in seiner Energieversorgung abhängig ist. Pekings Äußerungen kamen nur wenige Stunden, nachdem Nordkorea als Reaktion auf die neuen von China mitunterstützten Sanktionen des Weltsicherheitsrats seinen Nichtangriffspakt mit Südkorea zur Makulatur erklärt hatte. Zugleich kündigte Pjöngjang an, die ständige Kommunikationsverbindung, die an der Demarkationsgrenze in Panmunjeom installiert ist, kappen zu wollen. Sie ist die einzige Direktleitung zwischen den Militärs beider Länder, wenn sie Missverständnisse ausräumen wollen.

Nicht mehr das gewohnte Säbelrasseln

Chinas Nordkoreaexperte an der Parteihochschule, Zhang Liangui, nennt die Lage "wirklich sehr gespannt". Als einer der seit Jahrzehnten besten Kenner des isolierten Landes hatte Zhang früher oft gewarnt, die großsprecherischen Worte Nordkoreas für bare Münze zu nehmen. Die jetzigen Drohungen seien aber nicht mehr das gewohnte Säbelrasseln einer Nation, die sich meisterhaft darauf verstand, immer neue Druckkulissen aufzubauen. Es sehe danach aus, dass die Nordkoreaner "wirklich etwas Extremes versuchen". Es könnte zu "bewaffneten Provokationen" kommen.

Ein Grund dafür liege in der Hybris der gesamten isolierten Führung und nicht nur allein am impulsiven Verhalten des unerfahrenen jungen Machthaber Kim Jong-un. Nach einem gelungenen Atomtest, dem Satelliten- und Raketenstart überschätzte Nordkoreas Führung ihre reale Stärke. Jüngste Slogans wie "durch einen heiligen Krieg die Einheit zu verwirklichen" zeigten eine Geisteshaltung an, "es allen zeigen zu wollen". Das bedrohe in erster Linie Südkorea. Zhang schließt nicht aus, dass Nordkorea auch China zu provozieren sucht. Das könnte sich in eine reale Krise der Region ausweiten. Er hoffe, dass keine Beteiligten, ob Südkorea, Japan, die USA oder China, jetzt Unüberlegtes machen.

Pekings Medien waren die Ersten, die Freitagmorgen berichteten, wie sich Nordkoreas Machthaber Kim nach der Drohung seines Landes mit einem atomaren Erstschlag gegen die USA selbst zu Wort meldete. Bei einer Truppeninspektion verkündete der 29-jährige Diktator, der General und Oberbefehlshaber der 1,2-Millionen-Armee ist: "Alle Streitkräfte am Boden, der Marine, Luftwaffe und die Luftabwehr- und strategischen Raketenverbände stehen für einen totalen Krieg in voller Bereitschaft." (Johnny Erling, DER STANDARD, 9./10.3.2013)