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"Oppositionspolitik die nur darauf ausgerichtet ist, in Totalopposition zu gehen, in der wir nie waren, ist nicht konstruktiv", sagt Matthias Stadler, der neue Chef der niederösterreichischen SPÖ.

Foto: APA/Fohringer

Matthias Stadler, der den niederösterreichischen SPÖ-Spitzenkandidaten Josef Leitner nach der Landtagswahlschlappe abgelöst hat, zeigt sich im Interview mit derStandard.at versöhnlich mit der ÖVP und sucht die Zusammenarbeit mit der Partei des Landeshauptmannes. Ob ein Untersuchungsausschuss zu den Finanzspekulationen des Landes Niederösterreich eingeleitet werden soll, müsse man erst diskutieren. Keine Ambitionen zeigt Stadler, nach den nächsten Wahlen im Jahr 2018 Landeshauptmann von Niederösterreich zu werden. Vielmehr will er auch 2016 Bürgermeister von St. Pölten bleiben. Über den "falschen Weg" das Team Stronach zu wählen, seine "Handschlagqualität" und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sprach er mit Katrin Burgstaller.

derStandard.at:  Sie sind der neue Chef der SPÖ Niederösterreich. Wollten Sie das schon immer werden?

Stadler: Ich wurde schon 2008 darauf angesprochen und bin damals aus guten Gründen diesem Ruf nicht gefolgt. Jetzt wurde ich neuerlich gefragt und bin bereit, den geschäftsführenden Vorsitzenden zu übernehmen.  Jene, die an mich herangetreten sind, haben so überzeugende Argumente gebracht, dass ich gesagt habe, ich werde das mit bestem Wissen und Gewissen bewältigen. Wichtig war mir, dass ich die Bürgermeisterfunktion in St. Pölten behalte. Gleichzeitig werde ich für die Landespartei einen Neustart machen.

derStandard.at: Warum haben Sie nicht schon 2008 den Vorsitz übernommen?

Stadler: Das hatte private Gründe und ich war damals schon mit den St. Pöltnern im Wort. Die St. Pöltner hatten mich mit einer überwältigenden Mehrheit zum Bürgermeister gewählt. Ich habe Handschlagqualität und wenn ich etwas zusage, dann halte ich mich auch daran.

derStandard.at: Was hat Sie jetzt dann doch überzeugt, Josef Leitners Nachfolge anzutreten?

Stadler: Ich habe sehr große Wertschätzung erfahren und sehr viele Leute haben sich gewünscht, dass ich die Funktion übernehme. Man traut mir zu, dass ich die SPÖ Niederösterreich nach diesem nicht erfreulichen Wahlergebnis in eine positive Zukunft führen kann.

derStandard.at: Was wollen Sie anders machen als Ihr Vorgänger?

Stadler: Ich bin immer meinen eigenen Weg gegangen. Man hat mich gefragt, als ich mit 38 Jahren Bürgermeister von St. Pölten wurde, ob mir die Schuhe meines Vorgängers, der sehr beliebt war, nicht zu groß sind. Ich habe damals schon gesagt, ich werde mit meinen eigenen Schuhen gehen und eigene Themen aufbereiten. Ich glaube, das ist mir sehr gut gelungen, sonst hätte ich nicht bis jetzt bereits zwei Mal eine sehr deutliche Bestätigung von den St. Pöltner und St. Pöltnerinnen bekommen.

derStandard.at: Und was soll anders werden?

Stadler: Man muss die Themen noch besser verkaufen. Wir werden auch über die Organisation und die Struktur reden. Ich werde auch mit den anderen Parteien das Gespräch suchen.

derStandard.at: Leitners Vorgängerin Heidemaria Onodi fuhr eher einen Kuschelkurs, Leitner war sehr angriffig. Was muss man tun, um Pröll etwas entgegenzusetzen?

Stadler: Ich habe zum Herrn Landeshauptmann und zu vielen Regierungsmitgliedern der ÖVP in der Vergangenheit eine sehr gute Gesprächsbasis gehabt. Ich gehe davon aus, dass sich das nun nicht grundlegend geändert hat. Wenn Positionen vertreten werden, die gut für das Land sind, wird das ganz sicher auch von meiner Seite Zustimmung finden. Ich grabe mich nicht ein. Ich bin ein sehr offener Mensch und bin mit diesem Kurs in der Vergangenheit sehr gut gefahren. Es wird sich zeigen welche Dinge man machen kann und welche nicht. Es ist legitim, dass verschiedene Parteien eigene Vorstellungen haben und diese in den Vordergrund stellen möchten. Ich werde die Zusammenarbeit nicht scheuen, ich sehe keinen Grund von diesem Weg abzugehen.

derStandard.at: Was ist Ihr größtes politisches Herzensanliegen?

Stadler: Ich wünsche mir, dass man sich nach einer politischen Auseinandersetzung in die Augen sehen kann und nicht die Türen komplett zuschlägt.

derStandard.at: Aber was wünschen Sie sich für die Niederösterreicher?

Stadler: Das gibt es eine Vielfalt von Themen. Das wichtigste ist, dass es dem Bundesland und den Menschen gut geht.

derStandard.at: Herr Pröll wurde wieder für eine Legislaturperiode gewählt. Was bedeutet das für Niederösterreich?

Stadler: Die Niederösterreicher haben klar entschieden. Sie haben dem Landeshauptmann Pröll eine Mehrheit gegeben. Das ist zu akzeptieren. Wir werden darauf schauen, dass wir unsere Positionen auch durchbringen. Mir geht es darum, dass ich etwas erreiche. Oppositionspolitik die nur darauf ausgerichtet ist, in Totalopposition zu gehen, in der wir nie waren, ist nicht konstruktiv.

derStandard.at: Wer soll der Landesrat werden für die SPÖ in Niederösterreich?

Stadler: Das wird sich in den nächsten Tagen entscheiden.

derStandard.at: Sie könnten der Amtsperiode als Bürgermeister bei den nächsten Landtagswahlen als Landeshauptmann-Kandidat ins Rennen gehen.

Stadler: Ich bin mit voller Begeisterung Bürgermeister von St. Pölten und werde mich 2016 wieder einer Wahl in St. Pölten stellen. Wenn die St. Pöltner mich dann wieder wählen, werde ich sie nicht enttäuschen.

derStandard.at: Sie würden auch später nicht als Landeshauptmann-Kandidat in Frage kommen?

Stadler: Wenn ich das wollte, hätte ich das jetzt tun können. Zur Zeit bin ich den St. Pöltner im Wort. Ich hoffe, dass ich durch meine Funktion als Vorsitzender der SPÖ Niederösterreich  zusätzlicher Kontakte bekomme und für meine Stadt das eine oder andere  zusätzlich erreichen kann.

derStandard.at: Wien unter SP-Bürgermeister Michael Häupl hat in vielen Bezirken das Parkpickerl eingeführt, wovon viele Pendler aus Niederösterreich betroffen sind. Hat das Ihrer Fraktion in Niederösterreich geschadet?

Stadler: Die Umstellung war für die Einpendler sicher keine angenehme Situation. Aber als Bürgermeister einer Stadt ist man zu allererst der eigenen Bevölkerung verpflichtet. Das hat den Kollegen Michl Häupl zur Einführung des Parkpickerl bewegt. Ich habe selbst in Wien studiert und weiß noch, dass ich oft im Kreis gefahren bin bis ich einen Parkplatz hatte.

derStandard.at: Sie haben beim Landtagswahlkampf erlebt wie es ist, wenn man das Team Stronach als politischen Gegner hat. Was nehmen Sie davon für die Nationalratswahlen mit?

Stadler: Was mich überrascht und enttäuscht hat, ist, dass so viele Menschen Stronach gewählt haben. Wenn jemand versucht, sich viele Dinge einfach zu kaufen, dann finde ich das demokratiepolitisch zweifelhaft. Man muss der Bevölkerung noch mehr bewusst machen, was hinter dem Team Stronach steht. Viele haben sich noch nicht überlegt, was mit dieser Gruppierung in fünf oder zehn Jahren sein wird. Man hat den falschen Weg eingeschlagen, wenn man eine Gruppierung stärkt, die nicht einmal ein Programm hat. Das einzige Programm lautet Frank.

derStandard.at: Was sagt das über Niederösterreich, wenn fast zehn Prozent das Team Stronach wählen?

Stadler: Es zeugt von einer großen Unzufriedenheit mit dem gesamten Parteienspektrum.  Wir müssen uns überlegen, wie wir der Bevölkerung auch die vielen positiven Dinge, die umgesetzt werden, vermitteln.

derStandard.at: Die Finanzspekulationen in Niederösterreich haben im Wahlkampf eine wichtige Rolle gespielt. Muss in Niederösterreich diesbezüglich noch etwas aufarbeiten?

Stadler: Das wird Thema bleiben. Man muss sehen wie man das bewältigt. Zusätzlich zu politischen Fragen gilt es bei jenen anzusetzen, die diese Geschäfte noch immer verkaufen und noch immer nichts an diesem System geändert haben, das diese Krise verursacht hat. Man muss davon wegkommen, dass im öffentlichen Bereich spekuliert wird. Die Produkte in Niederösterreich kenne ich aber nicht so detailliert, dass ich mir ein Urteil darüber zutrauen würde.

derStandard.at: Die Salzburger haben zur Finanzmisere einen Untersuchungsausschuss eingerichtet. Wäre das für Niederösterreich aus erstrebenswert?

Stadler: Das werden wir noch diskutieren. Wir werden entscheiden, wie wir mit dem Thema umgehen, wenn wir auf dem Tisch liegen. Ich selbst muss mir selbst noch einen Überblick verschaffen.

derStandard.at: Wie können Sie Beruf und Familienleben miteinander vereinbaren?

Stadler: Ich habe sehr viele Freiheiten. Ich weiß es zu schätzen, dass ich nicht die Vorgabe habe, wann ich zu Hause sein muss. Ich habe keine Probleme, wenn der Arbeitstag sehr lange ist. Ich hoffe, dass das so bleibt.

derStandard.at: Haben Sie Kinder?

Stadler: Nein, habe ich nicht. Das erleichtert sicher die Sache. (Katrin Burgstaller, derStandard.at, 7.3.2013)