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Im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichts herrscht seit Februar de jure Internetverbot. Im Justizministerium will man das nun wieder ändern.

Foto: dapd/Zak

Wien - Seit Mitte Februar hat das Wiener Straflandesgericht eine neue Hausordnung. Was jetzt nicht so spektakulär wäre, würde im Punkt sieben nicht das Wort "Funkübertragung" stehen. Die ist nun nämlich in den Gerichtssälen verboten - und damit werden de jure live im Internet veröffentlichte Prozessberichte verboten.

Gerichtspräsident Friedrich Forsthuber hat so dafür gesorgt, dass das Graue Haus das erste Gericht Österreichs ist, wo dieses Verbot konkret festgeschrieben ist. "Die Hausordnung war schon längst neu zu verfassen", erklärt er. Und dabei wurde intern auch das Problem der sogenannten Liveticker besprochen.

Wiener Richter wünschten Verbot

"Es gab zahlreiche Kollegen, die darum ersucht haben, diesen Punkt aufzunehmen. Denn es gab in der Vergangenheit immer wieder Fälle, wo Zeugen schon über andere Aussagen Bescheid wussten. Es muss dem Richter möglich sein, das zu verhindern, daher kann er nun auf die Hausordnung verweisen. Im Endeffekt wird es aber eine Einzelfallentscheidung bleiben."

Die Möglichkeit der Zeugenbeeinflussung ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Denn in der Strafprozessordnung ist daher vorgeschrieben, dass Zeugen vor ihrer Aussage nicht im Saal sitzen dürfen. Die Richterinnen und Richter trachten durch die Zusammenstellung der Zeugenlisten auch danach, dass es auf dem Gang weniger Möglichkeiten zur Absprache nach Aussagen gibt.

Smartphones führen zu absurden Situationen

Durch die Verbreitung der Smartphones würde das ad absurdum geführt, findet auch Bettina Maxones-Kurkowski, Vizepräsidentin des Landesgerichts Salzburg. "Beim Prozess um die Testamentsfälschungen beantworteten Zeugen teilweise die Fragen, bevor sie gestellt wurden", berichtet sie. Man habe im Sommer auch einen Brief an das Justizministerium geschrieben, das aber keinen Handlungsbedarf sah.

Den ortet auch Helmut Krischan, Vizepräsident des Landesgerichts Graz, nicht. "Film- und Tonaufnahmen sind im Gerichtssaal ohnehin verboten. Wenn das passiert, kann der Vorsitzende den Betreffenden auch jetzt aus dem Saal weisen." Einen Liveticker sieht er aber nicht als Problem: "Der Journalist kann ja auch hinausgehen und das von dort senden, dann wird es halt zwei Minuten später online veröffentlicht." In den Gerichten in Linz und Feldkirch sieht man die Sache ähnlich.

Karl von Wiener Regelung überrascht

Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) ist auf STANDARD-Anfrage von der Wiener Regelung überrascht. Nach Überprüfung erklärt ihr Pressesprecher Christian Wiegand: "Wir werden veranlassen, dass der Passus gestrichen wird. Die Öffentlichkeit soll nicht über die bestehenden Regelungen hinaus eingeschränkt werden." Allerdings: "Der einzelne Richter kann es im Rahmen der Sitzungspolizei durchaus untersagen. Unserer Rechtsmeinung nach ist das aber bereits jetzt möglich." (Michael Möseneder, DER STANDARD, 6.3.2013)