Rot-Grün stellt den Wienern bis Samstag vier Fragen.

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Für die Frage zum Privatisierungsschutz kommunaler Betriebe musste Rot-Grün im Vorfeld am meisten Kritik einstecken. Das liegt zum einen an der Formulierung: "Die kommunalen Betriebe bieten der Wiener Bevölkerung wichtige Dienstleistungen. Zum Beispiel Wasser, Kanal, Müllabfuhr, Energie, Spitäler, Gemeindewohnbauten und öffentliche Verkehrsmittel. Sind Sie dafür, dass diese Betriebe vor einer Privatisierung geschützt werden?"

Selbstlob mit Fragezeichen

Aus dem Selbstlob mit Fragezeichen lässt sich unschwer erkennen, wie die Regierungsparteien zum Thema stehen: Sowohl SP als auch Grüne sind vehemente Antiprivatisierer - und wollen mit dieser Frage die eigene Basis mobilisieren.

Die Kritik an der Frage bezieht sich zum anderen auf den Umstand, dass weder das Wiener Wasser noch andere städtische Güter von einer Zwangsverscherbelung bedroht sind. Solange es keinen gegenteiligen Stadtregierungsbeschluss gibt, bleibt alles beim Alten.

Mobilisierung gegen EU-Richtlinie

Die Bürgermeisterpartei hält das allerdings nicht davon ab, gegen eine von der EU geplanten Richtlinie zur Konzessionsvergabe mobil zu machen. So lud Umweltstadträtin Ulli Sima am Donnerstag ihre Pariser Amtskollegin Anne Le Strat ein, um erneut die Nachteile der Wasserprivatisierung herauszuarbeiten. In der französischen Hauptstadt wurde die Wasserversorgung mittlerweile rekommunalisiert.

Laut aktuellem Entwurf der EU-Kommission müssten sämtliche Wasserleistungen künftig ausgeschrieben werden - allerdings nur, wenn diese bereits unter privater Beteiligung oder außerhalb des eigenen Gemeindegebiets erbracht werden. Die Richtlinie müsste demnach eher Bürgermeistern diverser Umlandgemeinden schlaflose Nächte bereiten als den Hauptstadt-Roten.

Denn Wien versorgt entlang der Hochquellleitung ein paar niederösterreichische Gemeinden mit Trinkwasser - und entsorgt auch deren Abwässer. Künftig müssten diese Aufgaben europaweit ausgeschrieben werden. Was nicht nur die Kosten in die Höhe treiben, sondern auch einen enormen bürokratischen Aufwand bedeuten würde. Innerhalb der Wiener Stadtgrenzen bleibt hingegen alles in öffentlicher Hand.

Angst vor Bund

Neben der Wasserversorgung warnt die SP auch vor der Privatisierung von Gemeindebauten und Öffis. Auch hier gilt: Wenn die Stadtregierung nichts anderes beschließt, bleiben sie im Besitz der Stadt. Bezüglich der Gemeindebauten geht allerdings die Angst um, man könnte, wenn man das im Stabilitätspakt festgeschriebene Nulldefizit ab 2016 nicht schafft, vom Bund zum Verkauf gezwungen werden. Im Finanzministerium winkt man ab: Dazu fehle die rechtliche Handhabe. Allerdings könnte bei einer Verfehlung der selbst gesteckten Sparziele der Rechnungshof prüfen - und zum Schluss kommen, dass sich Wien von ein paar Immobilien trennen sollte.

Bis dahin ist die aktuelle Volksbefragung möglicherweise längst vergessen - zumal die Beantwortung der Privatisierungsfrage keinerlei Folgen hat. Weder ist ein Gesetz zum besonderen Schutz noch ein möglicher Verkauf geplant.

  • Wenn Mehrheit für Ja: Alles bleibt beim Alten.
  • Wenn Mehrheit für Nein: Alles bleibt beim Alten. (Martina Stemmer, DER STANDARD, 7.3.2013)