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Auch Privatisierung von öffentlichen Gütern wird abgefragt - beim vieldiskutierten Verkauf des Wiener Wassers besteht aber gar keine Gefahr.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Wien - Die mittlerweile achte Wiener Volksbefragung findet vom 7. bis 9. März statt. Die Vorbereitungen des rot-grünen Plebiszits liefen nicht gerade pannenfrei ab. Die Serie der Missgeschicke reichte von einem wegen Sexismusvorwurfs zurückgezogenen Werbesujet über widersprüchliche Erklärungen der Antwortmöglichkeiten bis hin zu einem womöglich verfassungswidrigen Befragungstext, der in allerletzter Minute korrigiert werden musste.

Der Anlass für das kommunale Referendum war, dass die Stadtregierung wegen der Parkpickerlausweitung zusehends in die Defensive geraten war. Vor allem die ÖVP lief wochenlang Sturm gegen die neuen kostenpflichtigen Zonen und forderte - bestärkt durch 150.000 Bürgerunterschriften - eine Volksbefragung über die Pickerlausdehnung.

Pickerlfrage äußerst kompliziert

Rot-Grün schmetterte dies mit dem Argument ab, dass ein Votum über Gebühren der Stadtverfassung widerspreche. Als Ausweg aus dem immer größer werdenden Pickerldilemma inszenierte die Stadtregierung schließlich eine eigene Volksbefragung. Zusätzlich zur Parkraumbewirtschaftung nahm man sich der Themen Olympia, Privatisierungsschutz und Öko-Energieprojekte an.

Allein die Parkpickerlfrage sorgte von Beginn an für einige Irritation. Die beiden Antwortmöglichkeiten, wie die Bewirtschaftung künftig organisiert werden soll, waren auch für Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) nicht eindeutig. Sie meinte vorerst, dass bei einer Mehrheit von Antwort A ("Es sollen für jeden Wiener Bezirk Parkraumregelungen eingeführt werden.") künftig das Rathaus auf eigene Faust Gebührenzonen einführen könnte. Später räumte Vassilakou ein, dass rechtlich sehr wohl die Bezirke weiterhin das letzte Wort hätten.

Antwort B und Verfassung geändert

Außerdem musste die Formulierung der Antwortoption B noch am Tag der Beschlussfassung geändert werden, da die Ursprungsversion mit klarer Bezugnahme auf die derzeitigen Bezirkslösungen womöglich verfassungswidrig gewesen wäre. Die Änderung erfolgte während der Gemeinderatssitzung, in der die Volksbefragung beschlossen wurde - was nicht zuletzt bei der Opposition für Verwirrung sorgte.

Der bereits als fix gegoltene März-Termin für das Votum war zwischenzeitlich ebenfalls wieder fraglich. Denn die Stadtverfassung sah gewisse zeitliche Abstände zwischen Wiener Plebisziten und Bundes-Wahlen bzw. -Volksbegehren vor. Damit Rot-Grün nicht die für April angesetzte Eintragungswoche des Demokratie-Volksbegehrens "MeinOE" in die Quere kommt, entschied sich die Stadtregierung kurzum, einfach den entsprechenden Verfassungspassus zu ändern.

Briefwahl noch eine Woche später möglich

Nicht geändert wurde hingegen die tagelange Nachfrist für Briefwähler. Dadurch können - wie bereits 2010 - Stimmzettel bis mehr als eine Woche nach Ende des Befragungszeitraums bei der Wahlbehörde eingesandt werden. Taktisches Nachwählen nach Präsentation der ersten Ergebnisse wird dadurch ermöglicht. Die Reparatur dieser Regelung sei Teil der Wahlrechtsreform, die aber noch verhandelt werde, so die Erklärung von SPÖ und Grünen. Wobei der grüne Klubchef David Ellensohn kürzlich zugab, an eine Adaptierung im Vorhinein schlicht nicht gedacht zu haben.

Auch inhaltliche Patzer sorgten durchaus für Verwunderung. So schilderte etwa ein Sprecher der Wien Energie gegenüber der APA den Ausbau der Bürgersolarkraftwerke als längst beschlossene und mit der Stadtregierung akkordierte Sache- Die Volksbefragung diene dazu nur als symbolische Legitimation. Drei Stunden später ruderte das Unternehmen zurück. Man baue selbstverständlich nur dann aus, wenn die Bürger ihr Okay geben.

Keine Gefahr fürs Wiener Wasser

Die SPÖ wiederum trommelt seit Wochen mit Verweis auf eine geplante EU-Richtlinie gegen die Privatisierung vorrangig von Wasser und versucht so zu mobilisieren. Dabei räumte Umweltstadträtin Ulli Sima (SPÖ) unlängst selbst ein, es bestehe infolge der umstrittenen Konzessionsvergaberegelung für die Bundeshauptstadt per se jetzt keine Privatisierungsgefahr. Aber Geldeinbußen stünden im Raum, da man derzeit niederösterreichische Gemeinden mit Wasser beliefere, diese Direktaufträge aber künftig ob einer angedachten Ausschreibungsverpflichtung nicht mehr möglich wären.

Eine kleine Meinungsdifferenz innerhalb der Rathaus-Roten gab es hingegen in Sachen Olympia. Klubchef Rudolf Schicker plädierte dafür, im Falle einer Mehrheit pro Bewerbung die Bürger trotzdem ein zweites Mal zu befragen - und zwar dann, wenn die Gesamtkosten abschätzbar sind. Bürgermeister und Wiens SPÖ-Vorsitzender Michael Häupl erteilte dem Vorstoß von Schicker allerdings eine klare Abfuhr.

Knapp vier Milionen Euro für Werbung und Info

Keine Volksbefragung ohne immenses Marketing: 3,9 Mio. Euro fließen diesmal in Werbung und Information. Allerdings leistete man sich auch hier einen Fehlgriff. Auf einem Sujet zur Solarenergie-Frage war nämlich eine mit Lockenwicklern und Fön ausgestattete junge Frau zu sehen, die sich dank Sonnenenergie "heiße Frisuren" - wie es im Text hieß - macht.

Über das Plakat wurde bei der stadteigenen Werbewatchgroup Beschwerde wegen Sexismus eingebracht. Daraufhin zog die Stadt das Kampagnenbild zurück. (APA/red, derStandard.at, 4.3.2013)