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Ivica Dacic: "Standpunkte sind weiter entfernt denn je."

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Trübe Stimmung herrscht in Belgrad angesichts der Fortsetzung des Dialogs mit Prishtina am heutigen Montag in Brüssel. "Wir haben unser Bestes getan, doch die andere Seite lehnt alle unsere Vorschläge ab. Die Standpunkte sind nie so weit entfernt voneinander gewesen", beklagte sich Premier Ivica Dacic, der das serbische Verhandlungsteam anführt.

Im Mittelpunkt der sechsten Verhandlungsrunde steht die Auflösung serbischer Parallelinstitutionen im Norden des Kosovo, die die Jurisdiktion von Prishtina nicht anerkennen und von Serbien finanziert werden. Für Belgrad ist das der bisher größte  Brocken: Einerseits ist mit dem Abbau der vorhandenen Parallelinstitutionen der Beginn der EU-Beitrittsverhandlungen Serbiens bedingt, andererseits ist die Regierung dem Druck zu Hause ausgesetzt, keinen "Hochverrat" zu begehen und die Serben im Kosovo ja nicht im Stich zu lassen.

Als Kompromisslösung schlug Dacic die Auflösung der alten serbischen Strukturen im Nordkosovo und die Gründung eines Bundes von neun serbischen Gemeinden mit eigenem Wahlrecht und exekutiven Vollmächten etwa im Bildungs-, Kultur- und Gesundheitswesen vor. Die Gemeinden wären zwar finanziell an Belgrad gebunden, jedoch gleichzeitig in das kosovarische Staatssystem eingegliedert. So wäre, laut Dacic, die Autonomie der Serben garantiert, ohne dass Belgrad formal die Unabhängigkeit des Kosovo anerkennen müsste.

Sein kosovarischer Amtskollege Hashim Thaçi hatte zwar an der Gründung eines Gemeindebundes nichts auszusetzen, schließt jedoch dezidiert eine Legislative und Exekutive für eine solche serbische Assoziation aus. Eine "dritte Machtebene" würde man nicht zulassen, sagte Thaçi, das sei die "rote Linie", die Prishtina nicht überqueren werde. Er würde den Bund als "Nichtregierungsorganisation" betrachten, was im Einklang mit der Verfassung wäre.

Serbische Spitzenpolitiker äußerten die Hoffnung, der Westen werde Druck auf Prishtina ausüben, und die Sorge, dass sich Serbien von der EU entfernen würde, falls heuer nichts aus den Beitrittsverhandlungen wird. Im serbischen Vorschlag wittern jedoch einzelne westliche Diplomaten in Belgrad die Gefahr einer "selbstständigen Entität" nach dem Vorbild der Republika Srpska in Bosnien, wodurch zukünftige Konflikte vorprogrammiert wären. (Andrej Ivanji aus Belgrad /DER STANDARD, 4.3.2013)