Der Mittelpunkt Kärntens als Mittelpunkt der Welt: Peter Kaiser würde man hier eher nicht wählen. Er war ebenso wenig hier wie Landeshauptmann Gerhard Dörfler.

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Die Straße windet sich durch eine enge Schlucht hinauf nach Arriach. Gut geschützt zwischen den Bergstöcken Wöllaner Nock und Gerlitzen liegt das Dorf. Diese Lage war es wohl, die die Geheimprotestanten im 17. Jahrhundert nach Arriach zog, um dort der Gegenreformation zu trotzen. Bis Kaiser Josef II., dem im Ortskern ein Denkmal gewidmet ist, das Toleranzpatent erließ und den Evangelischen die Ausübung ihrer Religion freistellte.

Der mächtige Turm der Kirche der vier Evangelisten taucht unversehens aus dem kalten Dunstschleier auf. Sie war einst Sitz des evangelischen Bischofs, der von Arriach aus sogar der evangelischen Gemeinde Wiens vorstand. Wer aber zum geografischen Mittelpunkt Kärntens will, muss noch einen zweistündigen Fußmarsch durch dichte Fichtenwälder auf sich nehmen.

Arriach ist einsprachig deutsch. Es wurde von den Bayern besiedelt. Ausnahmslos deutsche Vulgonamen der stattlichen Bauernhöfe ringsum bezeugen das.

Die Gemeinde Arriach mit ihren 1416 Einwohnern ist schon seit Jahrzehnten freiheitliches Kernland. Alle Farbwechsel vollzog man willig mit. Jörg Haider ist hier immer noch ein Held - zumindest im winzigen Café Traudi neben der örtlichen Raiffeisenbank, wo sich gerne Einheimische zum Plausch treffen. Viermal sei er da gewesen.

Ein Roter unter Blauen

Die FPK ist stärkste Partei in Arriach, der Bürgermeister Karl Gerfried Müller allerdings ein Roter. Und das schon seit 22 Jahren.

Wahlplakate, mit denen FPK-Landeshauptmann Gerhard Dörfler sonst kärntenweit ganze Landstriche zupflastert, sucht man vergebens. Dörfler, aus der Nachbargemeinde Himmelberg stammend, war während des Wahlkampfs gar nie in Arriach. SPÖ-Chef Peter Kaiser ebenfalls nicht. Nur ÖVP-Spitzenkandidat Gabriel Obernosterer, FPK-Landesrat Harald Dobernig und der SP-Bezirkschef und Klubobmann Reinhart Rohr aus dem nahen Villach.

Im Café Traudi würde keiner der Thekengäste Peter Kaiser zum Landeshauptmann wählen. "Den Dörfler, ja, der versteht es mit den Leuten." Der sei sogar schon zu vereinnahmend. "Der Kaiser redet ja mit niemandem, der steht nur herum", will einer der Gäste wissen. In Arriach da braucht es schon "gestandene Männer".

Als ein solcher erscheint einem weißhaarigen Gast der FPK-Chef und Dörfler-Stellvertreter Kurt Scheuch. "Der hat immer gehalten, was er versprochen hat": zum Beispiel blaue Sommerleiberln für die Feuerwehr. Dort war dann das Feuerwehr-Logo drauf mit dem Schriftzug "powered by Kurt Scheuch". Na gut, ein bissl schräg sei der schon, lachen ein paar junge Männer auf, wegen des Krokodils und der Vogelspinne. Aber sonst? Ob sie die FPK wählen würden? Nein, das sagen sie nicht: "Das sieht man dann eh am Sonntag".

Scheuchs Feuerwehrleiberln ärgern den roten Bürgermeister Müller: "Da wird die Feuerwehr für Wahlwerbung missbraucht. Fragt sich nur noch, mit wessen Geld?" Alles Korruption bei der FPK, das sei eine Schande und eine Gefahr für den Wirtschaftsstandort Kärnten, der ohnehin schon von hoher Abwanderung geprägt sei, genau wie Arriach.

Auch sonst hat der Ortschef im Wahlkampf mit der FPK seine liebe Not. Die hat nämlich, da sie im Ort wegen einer fehlenden Gemeindeverordnung zum Naturschutzgesetz keine Plakate aufstellen darf (SPÖ, ÖVP und Grüne verzichten ja darauf) kurzerhand eine riesige Schneewechte zum Wahlplakat auserkoren und "wählt FPK" drauf gesprüht. Das musste natürlich sofort entfernt werden. Mittlerweile ist die Schneewechte schon wieder weitgehend abgetaut. Müller wird bis Samstag abend noch fleißig Klinken putzen gehen. In Arriach würden das alle Parteien machen.

Schießlich kennt ja im Ort jeder jeden und weiß um die Wehwehchen. Plötzlich hört man Glockengeläut von der evangelischen Kirche. "Da wird ein verstorbener Gemeindebürger ausgeläutet", weiß der Ortschef. Wie die Kärntner Wahlen ausgehen werden, das bleibt in Arriach an diesem Tag völlig im Nebel. (Elisabeth Steiner, DER STANDARD, 2.3.2013)