Bürgermeister Florian Baumgartner stapft beim Mittelpunkt Niederösterreichs durch den Schnee. Die Max-Schubert-Warte markiert seit 1993 das Zentrum des Landes.

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Der Mittelpunkt Niederösterreichs liegt etwas abseits. Etwas abseits von St. Pölten - zehn Kilometer sind es auf der Bundesstraße B1 Richtung Nordosten, um genau zu sein. Etwas abseits auch vom Zentrum der Gemeinde Kapelln - ihr Wahrzeichen, die Kirche, ist auch an trüben Tagen von weither zu sehen.

Wäre Niederösterreich ein mittels Zirkels gezeichneter Kreis, die Nadel hätte auf einem Feld im Gemeindegebiet von Kapelln einen Einstich hinterlassen. Den Mittelpunkt hat Vermessungsexperte Hanns Schubert aber erst mühsam aus 18.000 Grenzpunkten errechnet, um seinem Vater Max Schubert im Zentrum Niederösterreichs ein Denkmal zu errichten. Seit 1993 steht da die Max-Schubert-Warte: Ein Marmorpflock, ein Podest, darüber ein Holzdach, das etwas zu groß geraten wirkt.

Warten auf wärmere Tage

Daneben hängen blau-gelbe Fahnen, von blau-gelben Schautafeln lachen berühmte niederösterreichische Persönlichkeiten. Am Wegesrand warten Bänke, von deren Rückenlehnen sich die Landeshymne absingen lässt, auf Besucher wärmerer Tage.

Kapelln ist eine landwirtschaftlich geprägte, langsam wachsende Gemeinde. In den vergangenen Jahrzehnten hat die Zahl der Bauern zwar ab-, jene der Sankt-Pölten-Pendler aber zugenommen. Allein mit dem Mittelpunkt Touristen anzuziehen ist schwierig, die Konkurrenz durch das Freizeitangebot anderer Gemeinden groß, gibt Florian Baumgartner (VP), Bürgermeister der 1300-Einwohner-Gemeinde zu.

Die Welt der ÖVP ist hier aber noch in Ordnung: "Klarheit", wie Landeshauptmann Erwin Pröll sie sich wünscht, ist in Kapelln übererfüllt: 16 der 19 Mandate hält die Volkspartei im Gemeinderat, die restlichen drei die SPÖ. Kundgebungen, Zettelverteilen oder sonstige Wahlkampfaktionen haben in den letzten Wochen nicht stattgefunden, von den Landesparteien hat niemand vorbeigeschaut.

"Wir haben aber das ganze Jahr über gute Kontakte zum Land", versichert Baumgartner. Am Vorabend ist er von Tür zu Tür gegangen. Dabei habe er wahrgenommen, was die Leute besonders beschäftige: "Dass der Arzt die Hausapotheke schließen musste." Dass die Post zugesperrt hat und zuvor der Polizeiposten, das habe die Menschen die letzten Jahre bewegt. Seit der Salzburger Finanzskandal bekannt wurde, sei die Veranlagung der Wohnbaugelder auch mehr thematisiert worden. "Aber Niederösterreich ist da ja einen anderen Weg gegangen", fügt Baumgartner hinzu.

Bei der Landtagswahl 2008 wählten 66,6 Prozent der Wahlberechtigten die Volkspartei. Dass Kapelln schwarzes Kernland ist, wird auch bei Gesprächen in Summsi's Frischetreff deutlich - einem kleinen, an den Nah-&-Frisch-Markt angeschlossenen Café mit zwei Tischen. Dort treffen die Kapellner einander, seit der Wirt keine Verköstigung, sondern nur noch Nächtigungen anbietet.

Dort verliert an diesem Vormittag keiner ein schlechtes Wort über den " Landesvater". Ein 67-Jähriger, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, hofft, dass es in Niederösterreich auch nach dem 3. März "so bleibt, wie es ist", und die ÖVP die Absolute am Sonntag hält - denn: " Wir haben keinen Besseren als Pröll."

Maria Musser meint zu den veranlagten Wohnbaugeldern, dass das Thema "eh keiner durchschaut". Trotzdem sei es "keine g'mahde Wies'n" für Pröll: " wegen dem Stronach. Aber die Leistung von Pröll lässt sich nicht wegwischen." Eine andere Kapellnerin hofft auch auf den Erhalt der Absoluten. "Es hört sich demokratisch nicht so gut an, aber es ist nicht so schlecht", sagt sie.

"Er schimpft Politiker"

Michael Pap, SP-Gemeinderat in Kapelln, hat vor allem etwas gegen Stronach: "Er schimpft Politiker. Er ist ein Lobbyist. Ob das so gut ist, weiß ich nicht." Gegen die ÖVP im Ort richtet Pap kaum Kritik, man arbeite gut zusammen: "Wir sind eine bodenständige Gemeinde, die gut läuft." Die Absolute der ÖVP im Land will er aber gebrochen sehen. Damit steht Pap in Kapelln, in der Mitte des Landes, dann doch etwas abseits da. (Gudrun Springer, DER STANDARD, 1.3.2013)