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Löst Anfang März Hu Jintao auch als Staatspräsidenten ab: Xi Jinping.

Foto: REUTERS/David Moir

Auf Pekings Straßen herrscht Hochsicherheitsalarm. Seit Montag haben sich in der Hauptstadt 376 der höchsten Parteifunktionäre Chinas zur zweiten Sitzung ihres Zentralkomitees versammelt. Über das Programm ihrer zweitägigen Klausur ist nur eines bekannt: Sie sollen ein Drehbuch zur Einsetzung von Chinas neuer Regierung durch den Volkskongress verabschieden. Anfang März tritt das Parlament zusammen, um auf fünf Jahre das Kabinett für seine erste von zwei erlaubten Amtsperioden zu wählen.

Regie führt das neue Politbüro unter Parteichef Xi Jinping. Vergangenes Wochenende berief es das Zentralkomitee zur Sitzung nach Peking ein, 100 Tage nach dem 18. Parteitag. Mitte November waren dort das ZK, sein 25-köpfiges Politbüro und dann der aus sieben Mitgliedern bestehende Ständige Politbüro-Ausschuss gekürt worden, die eigentliche Machtelite des Landes.

Nun sind die ZK-Mitglieder wieder in der Hauptstadt, um die von ihrem Politbüro entworfenen Kandidatenlisten für die neue Regierung zu beraten, bevor der am 5. März für zehn Tage zusammenkommende Volkskongress abstimmen darf. Peking überlässt nichts dem Zufall. Bei Herrschaftsentscheidungen für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt gibt nur die Kommunistische Partei den Ton an. Niemand zweifelt, dass die 2987 Volkskongress-Abgeordneten alle Nominierten mit mehr oder minder überwältigender Mehrheit wählen werden.

Alle zehn Jahre kommt es zum kompletten Führungswechsel, zuerst in den Reihen der Partei und dann der Regierung. Jetzt ist es wieder so weit. Die Partei inszeniert die Runderneuerung ihrer gigantischen Bürokratie, die über 1,35 Milliarden Chinesen herrscht, in zwei Akten.

Die wichtigsten Jobs im Regierungskarussell sind längst an ihre eigenen Spitzenfunktionäre vergeben: Partei- und Armeechef Xi Jinping wird als Nachfolger Hu Jintaos offizieller Staatspräsident. Chinas Nummer 2, Li Keqiang, rückt für Wen Jiabao als Premier und Leiter des Staatsrats nach. Chinas Nummer 3, Zhang Dejiang, oder Nummer 4, Yu Zhengsheng, sind designierte Vorsitzende des Volkskongresses und des Beraterparlaments. Andere Politbüro-Größen rücken auf die Jobs der neun Vizepremiers und Staatsräte der Regierung nach. Auf der Kandidatenliste, die das Zentralkomitee auf ihrer Klausursitzung abnickt, stehen auch die Namen des höchsten Richter Chinas und des Generalstaatsanwalts. Nur die Top-Finanzbeamten sollen diesmal fehlen.

Blogger spekulierten im Internet, ob die Partei mit der neuen Regierung Mut zu überfälligen politischen Reformen zeigen werde. Doch das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Vergangenes Wochenende setzte das Politbüro Pläne auf seine Tagesordnung, um die im chinesischen "da bumen" (große Ministerien) genannten Regierungsbehörden zu verschlanken. Die Sprache in seinem Kommuniqué dazu verrät aber, dass die Partei den " großen Wurf" scheut.

Sie erlaubt nur Reformen, die "wir im Griff haben", zu denen es " ausgereifte Pläne" gibt. Details stehen noch aus und sollen erst zu Beginn der Parlamentssitzung bekannt gemacht werden. Die gut vernetzte Finanzzeitschrift Caijing meldete, es sollten nur drei Ministerien umstrukturiert werden: Das Zivilministerium solle künftig auch für Sozialfragen zuständig sein, das Ministerium für Nahrungsmittelsicherheit solle mehr Macht und das jenes für Meeresangelegenheiten mehr Kompetenzen erhalten. (DER STANDARD, 1.3.2013)