Bild nicht mehr verfügbar.

Mitglieder der Hilfsorganisation Oxfam machten bereits 2010 gegen hohe Bankerboni mobil. In der Nacht auf Donnerstag wurde nun ein Kompromiss zu deren Begrenzung gefunden.

Foto: ap/Virginia Mayo

Die beschlossene "Bonus-Bremse" für Bankmanager werde eine Stärkung der Finanzzentren in Zürich, Singapur, New York bewirken, nicht aber in der "taumelnden EU", schäumte Londons Bürgermeister Boris Johnson am Donnerstag. In der City seiner Stadt seien etwa 100.000 Jobs verlorengegangen, der Finanzplatz werde weiter ausbluten. Die heftige Reaktion war symptomatisch nach einem Kompromiss, den die Verhandler von EU-Parlament, Kommission und Rat in der Nacht zuvor in Brüssel zur geplanten neuen Eigenmittelrichtlinie (Basel III) ausgehandelt hatten.

Psychologisch und politisch heikel

Großbritannien will den Deal verhindern. Die erstmalige Limitierung von Prämien für Banker ist nur ein relativ geringer Teil davon - Boni sollen maximal ein Jahresgehalt ausmachen dürfen, im Ausnahmefall das Doppelte. In der Praxis viel weitreichender wären jene Bestimmungen, die den Ausbau der Eigenmittel und Kapitalpuffer von Banken betreffen, die Geschäften unterlegt werden müssen und Indikator für Risiko sind. Es gilt: Reines Investmentbanking wird "teurer". Bankgeschäfte zugunsten der Realwirtschaft, insbesondere Kredite für Klein- und Mittelbetriebe, sollen hingegen erleichtert werden.

Die Boni sind psychologisch und politisch heikler. Unwesen mit exzessiven Prämien wird von vielen als Hauptursache für die Finanzkrise betrachtet, Limits für Manager als gerechte Strafe oder Geschäftsschädigung erachtet - je nach Standpunkt. London versuchte mit Unterstützung der Branche in zähen Verhandlungen seit Mai 2012 alles, um das Paket zu schwächen. Und trotz Einigung im "Trilog" ist nicht sicher, ob der Pakt hält. Erst muss der EU-Finanzministerrat zustimmen, der am Dienstag dazu tagt.

London will Zeit gewinnen, den Deal in letzter Minute verhindern. Theoretisch könnte der mit Mehrheit beschlossen werden, aber bisher zuckte Deutschland stets dabei zurück, die im Finanzsektor so wichtigen Briten zu überstimmen. Die Briten fordern "flexible Handhabung" bei dem, was auf dem Tisch liegt: Erfolgreiche Manager von global tätigen Banken sollten die Möglichkeit haben, weiterhin in London bleiben zu können, sagt Premier David Cameron.

Realwirtschaft stärken

Der EU-Abgeordnete Othmar Karas (VP), der Hauptverhandlungsführer für das EU-Parlament bei den Gesprächen mit Finanzkommissar Michel Barnier und Irlands Finanzminister Michael Noonan, schloss Aufweichungen aus. Die Boni-Regelung gelte "ausnahmslos für alle Banken in der EU und für die europäischen Banken auch außerhalb Europas". Der maximale Bonus von einem Jahresgehalt dürfe nur dann verdoppelt werden, wenn die Hauptversammlung das mit 66 Prozent der Stimmanteile bei 50 Prozent Anwesenheit beschließe.

Barnier sagte, dies gelte für insgesamt 8000 Banken. Die Richtlinie werde Basis für die künftige zentrale Bankenaufsicht sein, die ebenfalls Anfang 2014 stehen soll. Daneben soll es ein neues Vergütungsinstrument für Manager über einen Zeitraum von fünf Jahren geben, in denen die Limits entsprechend erhöht sein können - auf maximal 250 Prozent eines Jahresgehalts.

Karas und Barnier wiesen darauf hin, dass die schon früher vereinbarten neuen Kapitalregelungen für die Banken viel wichtiger seien, um den Finanzsektor zu stabilisieren. Gemäß Basel III müssen Banken das harte Kernkapital von zwei auf 4,5 Prozent anheben, das Eigenkapital ist weiterhin mit acht Prozent festgelegt. Für systemrelevante Banken gelten zusätzliche ein bis drei Prozent an hartem Kernkapital. Darüber hinaus muss ein Kapitalpuffer von 2,5 Prozent draufgelegt werden, und ein auf nationaler Ebene zu fixierender antizyklischer Puffer von bis zu 2,5 Prozent.

Im Vergleich zum Erstentwurf soll Klein- und Mittelbetrieben der Zugang zu Krediten erleichtert werden, indem das Risikogewicht um 30 Prozent reduziert wird.

Und Transparenzregeln bezüglich Gewinn, Steuern, Umsatz, Beschäftigte werden verschärft. Banken müssen alles für jedes einzelne Land offenlegen. (Thomas Mayer, DER STANDARD, 1.3.2013)