Ein Liter. Mehr Sprit auf 100 km muss kein Auto schlucken, meint VW. Und hat ein Vehikel in Arbeit, das solche Wunderwerte liefern soll: XL1. Vorteil: Serienstart: Jahresmitte. Nachteil: Kleinserie, Kundschaft handverlesen

Bodenplatte und Hintern trennen nur wenige Millimeter. Da ist kaum Luft dazwischen, und der Carbon-Schalensitz, der passt wie ein Maßanzug, ist auch nur papierdick. Die Beine strecken sich beinahe im rechten Winkel zum Oberkörper in Richtung Pedale.

Foto: volkswagen

Das Lenkrad ist klein wie in einem Rennwagen. Auch die nach vorn-oben öffnenden Türen, die würdevolles Ein- und Aussteigen erlauben, unterstreichen den Eindruck, in einem Supersportwagen zu sitzen. Entsprechend bescheiden ist auch die Rundumsicht. Hinten raus gibt es gleich gar nichts zu sehen. Die Windschutzscheibe ist auffallend dünn, an den Seiten dürfen erstmals vor der A-Säule Polykarbonatscheiben kleben.

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Außen verstärkt sich der Sportwageneindruck, schmal und niedrig sitzt er da, wie zum Sprung bereit. Hinten läuft er, der Tropfenform entsprechend, eng zusammen. Erst während der zwölf Sekunden, die VWs XL1 (Hier geht's zu unserem illustrierten Erstkontakt) für den Sprint von 0 auf 100 braucht, wird einem klar: Nein, da geht es nicht um knackige Sportlichkeit, sondern ums exzessive Spritsparen.

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Ferdinand Piëchs Idee vom Ein-Liter-Auto hat also den Sprung in den Serienbau geschafft. Vom ersten 1L, mit dem er 2002 von Wolfsburg nach Hamburg zur Hauptversammlung fuhr, hat sich einiges getan. Die Sitze sind nun nebeneinander – und wegen der Schulterfreiheit leicht versetzt – angeordnet.

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Statt der maximal 120 km/h schafft der XL1 bis zu rund 200 km/h, wird aber bei 160 abgeregelt. Und als Antrieb setzt VW nun einen Parallelhybrid ein. Plug-in, versteht sich.

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Neben dem 20-kW-Elektromotor werkelt ein 0,8 R2 TDI mit 35 kW. VW hat einfach seinen 1,6 TDI dafür halbiert. Die Motoren samt Getriebe (wegen des in die Kupplung integrierten E-Motors spricht VW von einem Dreifach-Kupplungsgetriebe) sitzen im Heck.

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Die Akkus, bestehend aus 60 Zellen, sind im Bug untergebracht. Normverbrauch: 0,83 Liter!

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Ganz so rosig dürfte der Hersteller aber im Alltag den Verbrauch selbst nicht sehen. Denn die angegebene Reichweite von 500 km lässt beim verbauten Zehn-Liter-Tank und einer rein elektrischen Reichweite von 50 Kilometer auf etwa den doppelten Verbrauch in der Praxis schließen. Aber das sind immer noch fantastische Werte für ein Automobil.

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Erreicht wurde dies durch konsequenten Leichtbau. Das Kohlefaser-Monocoque und eine Seitenwand werden im RTM-Verfahren gespritzt, der Rest der Verkleidung aus Carbon laminiert. Die Crashbox, die von Audi übernommen wurde und für fünf Sterne gut sein soll, ist aus Aluminium, der Instrumententräger aus Holzfaser, Räder und Kupplung sind aus Magnesium und so weiter.

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Unterm Strich heißt das: 795 kg Leergewicht. Ein vergleichbares, konventionell gebautes Auto wöge über 1,3 Tonnen, rechnet Projektmanager Holger Bock bei der Präsentation – DER STANDARD war exklusiv dabei – vor. Aufs Gewicht wurde geschaut, wo's nur ging. Ergo: kein Sicherungskasten, und um bei Kabeln sparen zu können, sitzen die Sicherungen, wo sie am effizientesten Platz finden.

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Eine Folge der Sparmaßnahmen: Der XL1 braucht keine Servolenkung. Die Asphaltschneider lassen sich auch so ganz einfach dirigieren. Den bei den Prototypen eingesparten Bremskraftverstärker verbaut VW nun aber doch wieder. Nicht, dass einer der Wagen, die in einer Kleinserie von 50 Stück gebaut werden, schlecht verzögert oder gar wo einschlägt.

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Der XL1 ist mehr als eine an die Spitze getriebene Symphonie aus Carbon und Aerodynamik: Er ist die Vorschau auf das, was via Modularem Querbaukasten (MQB) auf uns zukommt.

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Der Antrieb ist nämlich modular skalierbar und wird demnächst im up! und Golf verbaut, nur eben anders rum: Motoren vorn, Akkus im Heck. Mit 1,4 TSI und 80-kW-E-Motor peilt man einen Verbrauch von "rund um oder unter 1,6 Liter auf 100 km an", lässt sich VW-Vorstand Ulrich Hackenberg in die Karten blicken – wohl eher beim up! als beim Golf.

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Was er nicht verraten will, ist der Preis für den XL1. Den wird VW erst am Genfer Salon herausrücken, wo er der Öffentlichkeit präsentiert wird. Aber die kolportierten 40.000 Euro, die glauben wir erst, wenn wir es hören. (Guido Gluschitsch, DER STANDARD, 1.3.2013)

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