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Der päpstliche Hubschrauber vor dem Petersdom.

Foto: REUTERS/Alessandro Bianchi

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Um Punkt 20 Uhr wurde das Tor in Castel Gandolfo abgeriegelt.

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Vatikanstadt - Über dem fast achtjährigen Pontifikat von Benedikt XVI. ist am Donnerstagabend der Vorhang gefallen. Die Zeit der Sedisvakanz ("leerer Stuhl Petri"), an deren Ende die Wahl eines neuen Papstes stehen muss, hat offiziell begonnen. Genau um 20.00 Uhr wurde vor hunderten Pilgern und Medienleuten das Tor der päpstlichen Sommerresidenz in Castel Gandolfo abgeriegelt. Die Schweizergarde zog von Castel Gandolfo ab. Ihr Auftrag ist der Schutz des amtierenden Pontifex. Benedikt XVI. ist ab jetzt emeritierter Papst. Er ist der erste Papst der Neuzeit, der freiwillig zurücktritt.

Zur gleichen Stunde versiegelte der Kardinalkämmerer (Camerlengo) der römischen Kirche, Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone, in der dritten Etage des Apostolischen Palastes die Wohnung Benedikts XVI. und den Aufzug, der dorthin führt. Es ist das gleiche Zeremoniell wie beim Tod eines Papstes. Bis zur Wahl eines Nachfolgers bleiben die Räume verschlossen. Auch der Fischerring Benedikts XVI. hat keine Funktion mehr.

"Gute Nacht"

Mit einem letzten öffentlichen Auftritt in der päpstlichen Sommerresidenz hatte sich Benedikt XVI. von den Gläubigen in aller Welt verabschiedet. Er zeigte sich auf dem Balkon unmittelbar nach seiner Ankunft per Hubschrauber aus dem Vatikan in Castel Gandolfo. Tausende Gläubige erwarteten ihn in den Straßen der kleinen Stadt 30 Kilometer südlich von Rom und jubelten ihm zu. "Ich bin einfach noch ein Pilger, der die letzte Etappe seiner Pilgerreise auf dieser Erde beginnt. Ich möchte aber noch mit meinem Herzen, mit meiner Liebe, mit meinem Gebet, mit meinem Nachdenken, mit all meinen inneren Kräften für das öffentliche Wohl, für das Wohl der Kirche und der Menschheit arbeiten", sagte der 85-jährige Joseph Ratzinger auf dem Balkon des Papstpalasts. Seine kurze Ansprache schloss er schließlich, indem er den Gläubigen eine "gute Nacht" wünschte.

Knapp drei Stunden vor dem Ende seines Pontifikats hatte Benedikt XVI. den Vatikan verlassen und war mit dem Hubschrauber nach Castel Gandolfo geflogen. Benedikt reiste an Bord eines Helikopters der italienischen Luftwaffe gemeinsam mit Privatsekretär Georg Gänswein. Der Hubschrauber flog um 17.06 Uhr ab und landete um 17.23 Uhr in Castel Gandolfo, wo sich Benedikt voraussichtlich in den nächsten drei Monaten aufhalten wird.

Abflug mit dem Hubschrauber

Kurz vor 17.00 Uhr hatte der Heilige Vater seine Wohnung im Apostolischen Palast verlassen und sich in den Damasus-Hof begeben. Hier wurde er von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone und dessen Mitarbeitern verabschiedet. Zu Ehren Benedikts war eine große Ehrenformation der Päpstlichen Schweizergarde angetreten. Der lächelnde Papst, der in guter Form schien, verabschiedete sich von den Kurienkardinälen, Bischöfen und seinen engsten Mitarbeitern. Mehrere Bedienstete des Vatikans hatten Tränen in den Augen. Auf dem Petersplatz hatten sich mehrere Tausend Gläubige versammelt, die über große Bildschirme die Abreise des Papstes verfolgten. Auf dem Hubschrauberplatz war ein Transparent mit "Grazie, Vergelt's Gott" zu sehen. Beim Abheben des Helikopters ertönten die Glocken aller Kirchen der Ewigen Stadt als Zeichen des Abschieds und der Anerkennung dem Papst gegenüber, der auch Roms Bischof ist.

Bereits zuvor hatte Benedikt XVI. von den im Vatikan anwesenden Kardinälen Abschied genommen. "Unter euch ist auch der künftige Papst, dem ich meinen bedingungslosen Gehorsam und Ehrfurcht verspreche", sagte er in der prachtvollen Sala Clementina im Apostolischen Palast. "Möge der Herr denjenigen offenbaren, den er auserwählt hat", fügte er hinzu. Anschließend spendete Benedikt XVI. den 144 Kardinälen und einigen weiteren Geistlichen seinen Segen und verabschiedete sich von allen persönlich. Viele nahmen dabei ihre Kopfbedeckungen ab und küssten den päpstlichen Siegelring

Benedikt ist der erste Papst der Neuzeit, der freiwillig zurücktritt. Zum ersten Mal seit dem Jahr 1294 wird der Heilige Stuhl damit nicht durch den Tod eines Papstes, sondern durch dessen freiwilligen Rücktritt vakant. Benedikt XVI. hatte seinen Amtsverzicht vor gut zwei Wochen überraschend bekanntgegeben.

Kardinalskollegium übernimmt

Mit Beginn der Sedisvakanz geht die Leitung der katholischen Kirche und des Vatikanstaates vorübergehend an das Kardinalskollegium über. Der Dekan des Kollegiums, Ex-Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano, lud die 208 Kardinäle zu Generalkongregationen in den Apostolischen Palast ein, die bis zum Beginn des Konklaves täglich stattfinden. Da viele Kardinäle, darunter der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn, bereits im Vatikan versammelt sind, werden die Treffen am kommenden Montag beginnen. Vatikansprecher Federico Lombardi sagte, nach derzeitigem Stand kämen 115 Kardinäle zur Papstwahl in den Vatikan. Zentrale Aufgabe ist die Festlegung des Starttermins für das Konklave, das schon wenige Tage später, möglicherweise am Wochenende, beginnen könnte. Benedikt XVI. gab den Kardinälen noch vor wenigen Tagen freie Hand für die schnelle Festsetzung eines Termins. (APA, 28.2.2013)