Wien - Integrations-Staatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) hat sich am Donnerstag erneut für eine Reform der Rot-Weiß-Rot-Card ausgesprochen. Statt der erwarteten 8.000 hoch qualifizierten Zuwanderer sind im Vorjahr nur 1.500 über die Karte gekommen (derStandard.at berichtete). Zudem bleibt nur ein kleiner Teil der Studenten aus dem Nicht-EU-Ausland nach dem Abschluss auch im Land. "Die jüngste Bilanz zeigt: Wir haben Handlungsbedarf", sagte Kurz, der auch über die Mindestgrenzen beim Einkommen reden will.

Anders sieht das Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ), er lehnte Reformen bei der Rot-Weiß-Rot-Card am Donnerstag ab. Er sei gegen Kurz' Forderung, Uni-Absolventen aus dem Nicht-EU-Ausland schon mit einem Bachelor-Studium eine Arbeitsbewilligung zu erteilen. Auch bei einer Änderung der Einkommensgrenze ist der Minister skeptisch.

Ministerium: Ausweitung auf Bachelors "wenig sinnvoll"

"Die Bundesregierung hat sich für Kriterien ausgesprochen, die für den Erhalt der Arbeitsbewilligung zu erfüllen sind", sagte ein Ministeriumssprecher. Dazu zähle auch die Einkommensgrenze von derzeit knapp 2.000 Euro brutto. Für wenig sinnvoll hält das Ministerium auch eine Ausweitung auf Bachelor-Studien. "Wir verzeichnen eine steigende Arbeitslosigkeit bei Bachelor-Absolventen. Die absoluten Zahlen sind zwar nicht gravierend, aber es suchen derzeit auch Bachelor-Absolventen von den wirtschaftsnahen Fachhochschulen einen Job", so der Sprecher. Die Wirtschaft habe momentan offenbar kein Bedürfnis an dieser Form des Abschlusses.

Ausbildung hier, Job anderswo

Grundsätzlich müsse es Erleichterungen bei der Rot-Weiß-Rot-Card geben, die Migranten eine Arbeitsbewilligung in Österreich zusichert, hatte Kurz gefordert. Aus Sicht des Staatssekretärs sollen in Zukunft auch Absolventen eines Bachelor-Studiums in den Genuss des Dokuments kommen. Zumindest "dort, wo viele locker die derzeitigen Einkommensgrenzen überspringen, aber nicht bleiben dürfen", etwa im Bereich der Naturwissenschaften. Derzeit erhalten ausländische Absolventen die Rot-Weiß-Rot-Card nur mit einem abgeschlossenen Master- oder Diplomstudium.

Die nach Österreich gelockten "hoch qualifizierten" Arbeitskräfte machen nur einen Teil der Zuwanderer aus. So blieben zuletzt nur 16 Prozent der ausländischen Studierenden nach dem Abschluss im Land - in Deutschland sind es 25, in Kanada sogar 33 Prozent. Im Vorjahr haben laut Kurz 1.284 Nicht-EU-Bürger ein Studium in Österreich abgeschlossen. "Wir bilden junge Menschen mit Steuergeld aus, aber arbeiten und Steuern zahlen tun sie dann woanders. Das ist nicht okay."

Er sei zwar grundsätzlich für eine Einkommensgrenze, über konkrete Zahlen müsse man aber reden, so Kurz. Zudem will er die Rot-Weiß-Rot-Card in Zukunft gezielt im Ausland bewerben, ein Schwerpunkt soll dabei auf "leistungsorientierten Zuwandermärkten" wie China, Indien, Japan, Singapur und Nordamerika liegen.

Töchterle will Rot-Weiß-Rot-Card für Bachelors

Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle bekräftigte seine Forderung nach einer Ausweitung der Rot-Weiß-Rot-Card auf Bachelor-Absolventen. "Wenn wir Studierenden aus Drittstaaten ihre Ausbildung in Österreich finanzieren, müssen wir ihnen anschließend auch einen entsprechenden Einstieg in den Arbeitsmarkt ermöglichen. Die Ausweitung wäre ein stimmiges Signal im Sinne des Wissenschafts- und Wirtschaftsstandortes Österreich." Er habe jüngst mit Hundstorfer wieder ein Gespräch dazu geführt. "Der Bachelor ist ein vollwertiger Studienabschluss - das muss sich auch in der Ausgestaltung der Rot-Weiß-Rot-Card widerspiegeln", so Töchterle.

Kolumbianerin muss nach elf Jahren ausreisen

Auslöser für die aktuelle Diskussion ist der Fall einer jungen Frau aus Kolumbien (derStandard.at berichtete). Die 29-Jährige lebt seit elf Jahren in Österreich, studierte Politikwissenschaft und hängte ein Masterstudium an. Finanziert hat ihr die Ausbildung der österreichische Staat über Stipendien. Nun aber soll die Frau ausreisen. Ihr Visum läuft am 6. März ab, die Voraussetzungen für den Erhalt der Rot-Weiß-Rot-Card erfüllt sie nicht.

Sie verfügt zwar über die notwendigen akademischen Abschlüsse, nicht aber über den geforderten Mindestverdienst. Dazu müsste sie - in Fixanstellung, Werkverträge werden nicht anerkannt - eben mehr als 1.998 Euro verdienen, ein Einstiegsgehalt, das im Bereich der Geisteswissenschaften von vielen als unrealistisch bezeichnet wird. Da hilft es auch nicht, dass die junge Kolumbianerin einige Job-Angebote vorweisen kann. (APA, 28.2.2013)