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ATOMS FOR PEACE Amok (XL)
Thom Yorke gründete diese Allstarband zwecks Liveumsetzung seines Soloalbums The Eraser von 2006. Mit Flea von den Red Hot Chili Peppers, Produzent Nigel Goodrich, dem zuletzt bei Beck spielenden Drummer Joey Waronker und dem jetzt nicht sooo berühmten Mauro Refosco versucht das Mastermind von Radiohead wieder einmal den alten Spagat.

Zwischen rappelnder und zappelnder Elektronik, wie man sie in den 1990er-Jahren etwa von Aphex Twin als "Intelligent Dance Music" schätzte und dem von seiner Stammband bestens eingeführten und sehr gern an sich selbst leidenden Progressive Rock wird eine Brücke geschlagen. Darauf jault, heult und zirpt es edel.

Schwäne sterben. Afrikanische Rhythmen werden gegeben. Flea hat sie von seiner Arbeit mit Damon Albarn im beinahe schon wieder vergessenen Projekt Rocket Juice And The Moon aus dem Vorjahr mitgebracht. Ein wenig verfallende Industrielandschaften in der Nachfolge Joy Divisions und der frühen New Order gibt es auch. Laptopmusik wird von einer organischen Band interpretiert. Klingt ein bisschen gewollt.

Immerhin fehlen großteils die Songs auf diesem Album, was ein wenig blöd ist, wenn dauernd gesungen wird. Die Musikpresse ist selbstverständlich begeistert. Angebermusik für Leute, die ihren guten, massenkompatiblen Studentenmusikgeschmack für ein individualistisches Alleinstellungsmerkmal halten.

Wirklich interessant würde es werden, wenn Flea nach Damon Albarn und Thom Yorke den dritten großen britischen Windmacher der 1990er-Jahre zu einer Zusammenarbeit überreden könnte. Liam Gallagher von Oasis als Heulboje über afrikanisch kodiertem Future-Funk mit Frickel-Beats, nacktem Oberkörper und kurzen Hosen für etwaige Stadionrock-Refrains wäre sicher der Lacher der Saison.

LOW The Invisible Way (Sub Pop / Trost)
Das Ehepaar Alan Spearhawk und Mimi Parker versucht über nun 20 Jahre und zehn Alben konsequent alles aus der Rockmusik zu entfernen, was einem Menschen mit sensibler seelischer Grundkonstitution Kummer bereiten könnte. Geschwindigkeit, unnötige Akkordwechsel und Noten, harsche Klänge: Allem wird mit großem Ernst und sehr, sehr bedächtig und überlegt die Luft herausgelassen. Schlapp sinkt alle frühere Aufregung in sich selbst zusammen.

Ganz im Sinne Neil Youngs wird am einen großen Song gebastelt, der mit dem schönen Harmoniegesang der Eheleute Richtung christliche Andacht, Weißbrotgospel und sittliche Erbauung gedeutet wird. Dem Schlechten auf der Welt keine Chance! (schach, Rondo, DER STANDARD, 1.3.2013)