Ex-Telekom-Chef Heinz Sundt (heiter im Bild) wurde freigesprochen, Ex-Finanzvorstand Stefano Colombo fasste 3,5 Jahre aus. Broker Johann Wanovits muss noch auf ein Urteil warten.

Foto: STANDARD/Fischer

Wien - Gekämpft haben die Verteidiger bis zuletzt. Wiewohl ihnen Richter Michael Tolstiuk bereits am Freitag unmissverständlich bedeutet hatte, dass im Telekom-Strafprozess um Kursmanipulationen die Zeit der Beweisanträge vorbei ist, unternahmen sie am Mittwoch einen allerletzten Versuch, den Untreuevorwurf gegen ihre Mandanten Rudolf Fischer, Stefano Colombo, Heinz Sundt, Johann Wanovits und Ex-Prokurist Josef Trimmel zu entkräften.

Den Meinungsumschwung sollte eine zwanzigseitige Studie aus Nürnberg aus dem Jahr 2000 über die "Produktivitätswirkung von Mitarbeiterbeteiligung" bringen. Damit sollte die Argumentation untermauert werden, wonach der vom damaligen Vorstand am 26. Februar 2004 initiierte und mithilfe des Börsenmaklers Johann Wanovits bewirkte Kursauftrieb den Unternehmenswert der Telekom Austria (TA) massiv gesteigert hat. Ohne die von Vorstand und 93 Führungskräften lukrierten Erfolgsbonus wäre diese Wertsteigerung nicht erfolgt und die Aktionäre geschädigt worden.

Das Insistieren sollte drei der vier ehemaligen TA-Manager nichts nützen. Tolstiuk, dem die Rechtsanwälte eine souveräne Verfahrensleitung attestierten, war durch die nachfolgende stundenlange Diskussion im überhitzten Saal 303 des Wiener Straflandesgerichts hörbar genervt, als er gegen 14 Uhr ein Machtwort sprach: Er wies den Beweisantrag zurück, schied das Verfahren gegen Wanovits aus (es wird am 5. April mit der Einvernahme eines Zeugen aus Wanovits' Euro Invest Bank fortgesetzt) und leitete nach Verlesungen diverser Dokumente zu den Schlussplädoyers über.

Nur Ex-Chef Sundt geht frei

Staatsanwalt Hannes Wandl nützte seines, um für Verurteilungen zu plädieren. Die Untreue, deren alle vier angeklagt waren, sei schon allein deshalb gegeben, weil der TA durch Auszahlung der Boni und des Honorars für Broker Wanovits insgesamt 10,6 Millionen Euro an Vermögen entzogen worden seien. Um den Kurs in die Höhe zu treiben und Wanovits zu honorieren, hätten sie zudem ihre Befugnisse missbraucht. Selbst Sundt, der bis zuletzt jede Involvierung vehement bestritt, ließ Wandl, wenngleich zaghaft, nicht aus der Verantwortung. Der Ex-General werde von Fischer und TA-Lobbyist Peter Hochegger belastet, und: Sundt habe Gespräche über "Kurspflege" sogar zugegeben, auch mit dem damaligen RCB-Chef Gerhard Vogt. Die Raiffeisen Centrobank (RCB) sei damals maßgeblicher Marktteilnehmer gewesen.

Dann ging es ruck, zuck: Um 16.35 Uhr Urteilsverkündung: Sundt geht frei, für die anderen drei Ex-Manager - ebenfalls nicht rechtskräftig - Verurteilungen: Fischer, der Scheinaufträge über 500.000 Euro eingestanden und zurückgezahlt hat, bekam drei Jahre. Colombo, der im Ermittlungsverfahren Sundt belastete bis zuletzt aber jeden Tatbeitrag bestritt und sogar seine Erfolgsprämie in Höhe von rund 196.000 Euro netto zurückzahlte, fasste gar dreieinhalb Jahre Haft aus.

Staatsanwalt: Trimmel wusste, wofür er Bote war

Geldbote Josef Trimmel, der gemeinsam mit dem präsumtiven Kronzeugen Gernot Schieszler das Geschäft mit Wanovits eingefädelt und das - über Scheinaufträge mit Lobbyist Peter Hochegger generierte - Erfolgshonorar in bar überbracht hatte, wurde zu drei Jahren Haft verurteilt, zwei davon bedingt. Beim ehemaligen TA-Internet-Geschäftsführer wog offenbar schwer, dass er zwar tatsachengeständig war, der Anklagebehörde auch wertvolle belastende Infos geliefert hatte, sich bis zuletzt aber als "nicht schuldig" bezeichnete. "Sein Problem ist", attestierte Staatsanwalt Wandl, "dass er wusste, wofür er Bote war."

Fischer, Colombo und Trimmel war sehr wohl bewusst, dass sie hier ihre Befugnisse missbrauchen", stellte Richter Tolstiuk klar. Auf Notwehrrecht könnten sie sich nicht berufen (wie Verteidiger plädierten), denn es habe keine Anhaltspunkte für eine Notwehrsituation gegeben. Das "einzig Richtige wäre gewesen, den Aufsichtsrat zu informieren". Die Aussagen Schieszlers seien glaubwürdig. Wiewohl Staatsanwalt und Verteidiger drei Tage Bedenkzeit haben: Das Verfahren wird beim Obersten Gerichtshof landen. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, 28.2.2013)