Rudolf Scheuvens hat das stadtplanerische Verfahren zur Neugestaltung des Areals zwischen Intercont, Eislaufverein und Konzerthaus geleitet.

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STANDARD: Das Verfahren zur Neugestaltung des Areals Intercont/Eislaufverein bezeichnen Sie als lernendes Verfahren. Was unterscheidet es von anderen Projekten?

Scheuvens: Man konnte die Aufgabe nicht genau beschreiben, sondern man hat versucht, das Projekt in einem Dialog zu entwickeln. Die Jury sollte von den Teilnehmern der drei Arbeitsgruppen lernen und diese wiederum von den Beratern etwas mitnehmen, um den Entwurf weiter zu bearbeiten. Dieses Pingpong-Spiel zeichnet das lernende Verfahren aus.

STANDARD: War es für das Gelände rund um den Eislaufverein das richtige Verfahren?

Scheuvens: Ja. Wenn man das Ergebnis sieht, kann man die Frage stellen, ob dazu ein solch aufwändiges Verfahren notwendig war. Denn die beiden Entwürfe sind relativ unspektakulär. Das wichtige daran ist jedoch, dass man seine Positionen schärft - und dazu braucht es dieses Verfahren. Dass am Ende etwas herauskommt, wo man sagen kann, wir haben alle Varianten diskutiert und damit wollen wir weiter arbeiten.

STANDARD: Die Anrainer wurden früh eingebunden. Gab es deshalb keinen Aufschrei wie beim Verkauf des Eislaufverein-Geländes?

Scheuvens: Ja, parallel wurde auch ein Bürgerdialog im Konzerthaus gestartet, an dem viele Menschen teilgenommen und sich informiert haben. Ein Expertenverfahren bedarf auch der Beteiligung der Anrainer, die Experten für ihren Wohnort sind.

STANDARD: Wann funktioniert dieses Verfahren nicht?

Scheuvens: Es kann dazu dienen, grundlegende Lösungen zu erarbeiten. Aber es ersetzt nicht den Wettbewerb, wenn es um die konkrete Umsetzung geht.

STANDARD: Wie weit sollte sich moderne Stadtplanung den Auflagen der Unesco unterwerfen?

Scheuvens: Ich denke, das richtige Wort wäre "sich stellen". Wien ist nicht umsonst Weltkulturerbe. Auch dieses Projekt muss sich den daraus resultierenden Anforderungen stellen. Das heißt, man muss sehr sensibel vorgehen, sich den Fragen, aber auch der notwendigen Kritik stellen. Die Diskussion wird natürlich weitergehen. Darum haben wir auch von Anfang an den Dialog gesucht, um nicht mit einem Ergebnis zu überraschen, das dann völlig neu diskutiert werden muss.

STANDARD: Beide Entwürfe sehen einen Turm vor, der die Weltkulturerbe-Höhe überschreiten würde. Wie realistisch ist die Umsetzung?

Scheuvens: Das wird man sehen. Wir haben im Zuge des Verfahrens auch Varianten durchgespielt, ob das Projekt bei Einhaltung der Traufenhöhe umsetzbar wäre. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass es einer Überschreitung der Höhe bedarf. Und dass eine maßvolle Überschreitung im Kontext der Weltkulturerbes auch durchaus vertretbar sein muss. Wir sind halt nur nicht diejenigen, die auf der Unesco-Seite sitzen.

STANDARD: Gewinnt man durch die Höhe Freiraum?

Scheuvens: Sobald es um die Unesco geht, geht es nur noch um die Höhendiskussion. Das stimmt so ja nicht, es geht um den Stadtraum insgesamt. Was passiert im öffentlichen Raum, was passiert auf der Ebene der Fußgänger. Auch das ist Teil des Weltkulturerbes. Sobald ich die Höhe runternehme, muss ich in die Fläche gehen und verliere wieder öffentlichen Raum. Dabei haben wir im Verfahren wesentlich höhere Gebäude definitiv ausgeschlossen, die nicht vertretbar waren.

STANDARD: Welches der beiden Modelle gefällt Ihnen besser?

Scheuvens: Für die Erhaltung des Intercont spricht, dass die Höhenentwicklung moderater ausfällt. Das Hotel hat derzeit niedrige Geschoßhöhen, durch einen Abriss wären neue Volumina notwendig. Bei einem Neubau wiederum könnte man das Gebäude stärker an der Straßenrand heranziehen. Das muss aber auch die Politik mit entscheiden.

STANDARD: Am Verkehr auf der Lothringerstaße wird sich nichts ändern. Ein Problem für die Neugestaltung?

Scheuvens: Der derzeit abweisende Charakter des Areals ist ein Problem. Wenn man nicht ortskundig ist, weiß man wegen der Vorbauten gar nicht, dass sich dahinter mit dem Eislaufverein ein ganz besonderes Stück Wien befindet. Die Eisfläche wird einsehbar werden. Die Bundesstraße ist da, wo sie jetzt ist und man kann auch damit arbeiten. (Bettina Fernsebner-Kokert, DER STANDARD, 28.2.2013)