Schwangere sollten auf die zusätzliche Einnahme von Vitamin D verzichten. Offenbar können hohe Vitamin-D Spiegel das Risiko erhöhen, dass die Kinder nach der Geburt eine Nahrungsmittelallergie entwickeln, lautet das Fazit einer aktuellen Studie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Foto: André Künzelmann/UFZ

Leipzig - Vitamin D hat den Ruf die Knochen zu stärken, vor Infektionen zu schützen und das Nerven- sowie Muskelsystem zu unterstützen. Insbesondere in der Prävention und Therapie von Rachitis wird es weltweit seit rund 50 Jahren bei Säuglingen und Kleinkindern eingesetzt. In jüngster Zeit hinterfragen wissenschaftliche Untersuchungen allerdings zunehmend die positive Sicht auf das "Knochen-Vitamin“.

Ende der 1990er-Jahre wurde erstmals auf den Zusammenhang zwischen einem hohen Vitamin-D-Spiegel und der Entstehung von Allergien aufmerksam gemacht. Kristin Weiße vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig untersuchte nun gemeinsam mit Gabriele Stangl vom Institut für Ernährungswissenschaften der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg die Fragestellung, ob ein Zusammenhang zwischen dem Vitamin-D-Spiegel der werdenden Mutter und dem Allergierisiko des Kindes besteht?

Dabei konnte auf die LiNA-Kohorte zurückgegriffen werden, die das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) gemeinsam mit dem Städtischen Klinikum St. Georg zwischen 2006 und 2008 aufgebaut hat. Insgesamt 622 Mütter mit 629 geborenen Kindern konnten in die Langzeit-Studie "Lebensstil und Umweltfaktoren und deren Einfluss auf das Neugeborenen-Allergierisiko“ einbezogen werden. 

Korrelation zwischen Vitamin D und Allergien

Gemessen wurde dabei der Vitamin-D-Spiegel im Blut der schwangeren Mütter sowie im Nabelschnurblut der geborenen Kinder. Darüber hinaus wurde über Fragebögen das Auftreten von Nahrungsmittelallergien bei den Kindern in den ersten beiden Lebensjahren erfasst. Das Ergebnis: Wird bei werdenden Müttern ein niedriger Vitamin-D-Spiegel im Blut nachgewiesen, dann treten bei ihren zweijährigen Kindern Nahrungsmittelallergien seltener auf als bei werdenden Müttern mit einem hohen Vitamin-D-Spiegel.

In der Umkehrung bedeutet das: Ein hohes Vitamin-D-Niveau bei Schwangeren trägt zu einem erhöhten Risiko für die ungeborenen Kinder bei, im Kleinkindalter an einer Nahrungsmittelallergie zu erkranken. Zudem zeigen die Kinder einen erhöhten Wert an spezifischem Immunglobulin E gegenüber Nahrungsmittelallergenen wie Hühnereiweiß, Milcheiweiß, Weizenmehl, Erdnuss oder Sojabohne. 

Regulatorische T-Zellen

Außerdem fanden die UFZ-Wissenschaftlerinnen einen Hinweis auf den Mechanismus, der dem Zusammenhang Vitamin D-Nahrungsmittelallergie zugrunde liegen könnte. Gunda Herberth vom Department Umweltimmunologie des UFZ – analysierte die Immunantwort der Kinder und konnte vor allem regulatorische T-Zellen im Nabelschnurblut nachweisen. Diese Zellen verhindern eine Überreaktion des Immunsystems auf Allergene und schützen damit vor Allergien. 

Gibt es zu wenig dieser regulatorischen T-Zellen im Nabelschnurblut steigt das Risiko für Allergien. Je mehr Vitamin D im Blut von Mutter und Kind zu finden war, umso weniger regulatorische T-Zellen waren nachweisbar. So könnte der gefundene Zusammenhang bedeuten, dass ein Überschuss an Vitamin D die Entwicklung von regulatorischen T-Zellen unterdrückt und damit das Allergierisiko steigert.

Keine Empfehlung für Nahrungsergänzungsmittel

Kristin Weiße erklärt, dass der Vitamin-D-Spiegel neben der Ernährung hauptsächlich von Bedingungen wie Jahreszeit, Sonnenexposition und Aufenthalt im Freien beeinflusst wird. - Faktoren, die in den vorliegenden Risikoanalysen ebenfalls berücksichtigt wurden. Auch wenn die Entstehung von Nahrungsmittelallergien bei weitem nicht einzig und allein vom Vitamin-D-Spiegel abhängt, ist es doch wichtig, diesen Faktor zu berücksichtigen, so die Experten.

Deshalb empfehlen die UFZ–Forscher Schwangeren eher nicht, Vitamin D-Ergänzungspräparate einzunehmen. "Basierend auf unseren Daten kann ein Zuviel an Vitamin D letztlich das Risiko erhöhen, dass die Kinder im Laufe der ersten beiden Lebensjahre eine Nahrungsmittelallergie entwickeln", so das Fazit der Wissenschaftler. (red, derStandard.at, 27.2.2013)