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Beppe Grillo ist Italiens personifizierter Protest.

Foto: REUTERS/Giorgio Perottino

Die Zahl ist beeindruckend: 25,9 Prozent, ein Erfolg, der noch vor wenigen Monaten unerreichbar schien. Beppe Grillo ist am Wochenende aus Italiens Wahlkrimi als Sieger hervorgegangen. Dass er das Kunststück schaffte, in der Abgeordnetenkammer Berlusconis und Bersanis Parteien zu überholen, ist eine Revolution für Italiens erstarrte Parteienlandschaft und für ein bürgerliches Parlament, das als Hort der Privilegienwirtschaft und des Stimmenkaufs gilt.

Der 64-jährige Komiker ist eine Anomalie. Er ist Gründer und unbestrittene Führungsfigur einer Bewegung, kandidiert aber nicht für einen Sitz im Parlament und schon gar nicht für das Amt des Premiers. Grillo ist die Verkörperung der "antipolitica", die Italiens traditionelle Parteien zittern lässt und den wachsenden Unmut von Millionen Italienern bündelt.

Der aus Genua stammende Kabarettist erweist sich als seltsame Mischung aus Clown und Anarchist, Ökoprophet und Revolutionär, Agitator und Possenreißer. Bei seinen Auftritten, zu denen Zehntausende auf die Plätze strömen, kann er auf seine jahrelange Erfahrung als Moderator, Showman und Kabarettist bauen. Sein letzter TV-Auftritt liegt fast 20 Jahre zurück: Beim Sender Rai hatte er mit Quoten von 20 Millionen Rekorde gebrochen. Als seine Sendung sich von seichter Beliebigkeit abzuheben begann, ließ der damalige Premier Bettino Craxi das Programm kurzerhand einstellen.

Seither hat Grillo ein gestörtes Verhältnis zum Fernsehen. Eine Gemeinderätin seiner Bewegung aus Bologna wurde von ihm öffentlich in Macho-Manier abgekanzelt, weil sie eine Einladung zu einer politischen Talkshow angenommen hatte.

Vor zwei Tagen sagte der streitbare Komiker ein seit Wochen mit dem Sender Sky vereinbartes Live-Interview kurzfristig ab – via Twitter: "Unser Wahlkampf findet auf den Plätzen statt, nicht in den TV-Salons." 

Sein Fußvolk liegt ihm zu Füßen. Doch zwischen Grillo und den Volksvertretern seiner Bewegung liegen Welten. Es sind meist junge, politisch unerfahrene und internetgewandte Bürger – ähnlich der Piratenpartei. Manches hat sektenähnlichen Charakter – etwa die uneingeschränkte Macht Grillos und seines obskuren Spindoktors Roberto Casaleggio, die auch Besitzer des Logos und des Blogs sind, der zu den meistgelesenen nicht nur in Italien gehört. Ein demokratisches Entscheidungsorgan existiert nicht. Grillo: "Wer nicht einverstanden ist, soll doch abhauen." (Gerhard Mumelter, DER STANDARD, 27.2.2013)