Manchmal, aber nur manchmal, leben Totgesagte tatsächlich länger. Die Südtiroler Volkspartei hätte bei den italienischen Parlamentswahlen eigentlich abgestraft werden müssen - zu zahlreich waren ihre Verfehlungen in letzter Zeit: Da gab es eine Betrugsaffäre um die Energiegesellschaft SEL, da gab es Ermittlungen wegen Unregelmäßigkeiten zum Sonderfonds des Landeshauptmanns, da gab es eine Affäre um Abhörwanzen in der Landesregierung. Den Tiefpunkt erreichte die SVP, als bei der Wahl von Arnold Schuler zum Landesrat gleich neun Parteikollegen dem eigenen Kandidaten in den Rücken fielen.

Die Umfragen vor der Parlamentswahl ließen Allerschlimmstes befürchten, doch dann kam die Erlösung: Durch die Wahlallianz mit dem linken Partito Democratico von Pier Luigi Bersani konnte man vom geltenden Mehrheitsbonus profitieren und entsendet nun nicht null oder zwei, sondern gleich fünf Abgeordnete nach Rom. Ein "Ausverkauf Südtirols", wie die Rechte unter Eva Klotz vor der Wahl noch gepoltert hatte, sieht anders aus.

Und dennoch: Der Wahlerfolg für die Südtiroler Sache darf von der SVP nicht als Absolution für die Partei verstanden werden. Nichts ist vergessen, nichts ist vergeben. Noch immer erweckt man nämlich den Anschein, nicht mehr Interessenvertreter einer autonomen Region, sondern - zumindest für manche Funktionäre - zum Selbstbedienungsladen geworden zu sein.

Der junge Parteisekretär Philipp Achammer erkannte richtig, dass das Wahlergebnis mit Dankbarkeit und Demut anzunehmen sei. Schließlich profitierte man vom umstrittenen Wahlgesetz aus Berlusconis Zeiten, das auch bei einem knappen Wahlsieg eine satte Mandatsmehrheit garantiert. Der SVP-Erfolg könnte sich als Illusion herausstellen; die wirkliche Wirklichkeit wird sich im Herbst offenbaren: Da stehen in Südtirol Landtagswahlen an. (Gianluca Wallisch, DER STANDARD, 27.2.2013)