Die Schauspieler Manuel Rubey (in Prada) und Alissa Jung (in Jil Sander), fotografiert von Jork Weismann.

>> Zur Ansichtssache: Komm, spiel mit mir! Die Schauspieler Alissa Jung und Manuel Rubey schnappen sich die Frühlingsmode

Foto: Jork Weismann

STANDARD: Welchen Bezug haben Sie zu Mode?

Alissa Jung: Ich bin ein Fühler. Ich kaufe Anziehsachen, die sich gut anfühlen. Erst wenn mir ein Stoff gefällt, probiere ich etwas auch an.

Manuel Rubey: Mir bedeutet Mode nicht viel, aber über meine Frau, die eigentlich Architektin ist, habe ich einen anderen Bezug dazu bekommen. Sie arbeitet seit eineinhalb Jahren als Designerin. Da kriege ich einiges mit. Ich habe eine große Achtung vor den vielen Einmenschunternehmen, die es in der Mode gibt. Da lebt jemand seine Vision, das gefällt mir gut. Da hat Mode auch etwas mit einer politischen Haltung zu tun.

STANDARD: Sind Sie eine Art Versuchskaninchen für Ihre Frau?

Rubey: Ja. Ich bin derjenige, der ihre Herrensachen als Erstes trägt, sie ausprobiert und gegebenenfalls auch kritisiert.

STANDARD: Kritisiert sie Sie umgekehrt auch?

Rubey: Total! Sie ist sehr oft mit dem, was ich anziehe, überhaupt nicht einverstanden. Zum Beispiel wenn ich Theater spiele. Allzu bunte Sachen sind ihr da ein Gräuel.

STANDARD: Wer kritisiert Sie, Frau Jung?

Jung: Meine Tochter, sie ist acht und sehr kritisch. Sie berät mich, wenn ich am Abend irgendwo hingehe. Sie würde mich am liebsten in Prinzessinnenkleidern sehen, auch wenn sie dann eh einsieht: "Das passt nicht so zu dir. Dafür bist du zu alt."

STANDARD: In Ihren Filmen geben Sie aber gerne die Prinzessin, oder?

Jung: Aber doch nicht im richtigen Leben! Ich bin eine alte, reife Frau (lacht). Aber im Ernst: Ich bin 31, da ist man keine Prinzessin mehr.

STANDARD: Beide haben Sie Kinder, Manuel, Ihre sind sechs und zwei, Alissa, Ihre 13 und sechs. Ist die modische Sozialisation heute eine andere als früher?

Jung: Es gibt heute bereits in der Grundschule ein unheimliches Stilbewusstsein, es geht weniger um Marken, es geht um Style. Bei den Jungs geht es erst später los, bei den Mädchen schon mit sieben oder acht.

Rubey: Meine ältere Tochter geht in eine öffentliche Schule, in der es einen großen Migrationshinter- grund gibt. Obwohl wir immer versucht haben, Geschlechterklischees zu unterwandern, greift sie, wenn man sie selbst aussuchen lässt, zu Rosa. Das macht mich stutzig!

Jung: Das ist das Alter, Manuel, keine Sorge! Später ändert sich das, da wird Rosa mit Baby assoziiert.

STANDARD: Sie beide spielen derzeit im Film "Zweisitzrakete". Was sagen Ihre Outfits über Ihre Figuren aus?

Jung: Die Mia, die ich im Film spiele, ist gar nicht so weit von mir entfernt. Sie ist der junge, lustige, verspielte Teil von mir, und das sieht man auch an ihren Klamotten.

Rubey: Ich würde mich durchaus so anziehen wie der Manuel, den ich im Film spiele. Vielleicht etwas weniger bunt. Wirklich wichtig ist mir, dass ich eine Figur nicht in meinen eigenen Kleidern spiele. Spielen ist etwas Heiliges, da braucht man eine eigene Kleidung dazu!

STANDARD: "Zweisitzrakete" ist zwar ein Wiener Film, aber er hat etwas Berlinerisches. Frau Jung, Sie wohnen am Prenzlauer Berg, wie würden Sie den dortigen Stil beschreiben?

Jung: Der Prenzlauer Berg ist doch gar nicht mehr jung. Da herrscht das Bionade-Biedermeier. Alle sind schon lange erwachsen, haben Kinder. Wie heißt das Wort bei euch?

Rubey: Bobo.

Jung: Das Wort kannte ich nicht. Ich kenne nur Bobo, den Siebenschläfer. Das Besondere an Berlin ist, dass da eigentlich immer alles geht. Es gibt einen Berlin-Look, der besteht darin, dass jeder individuell sein will und dadurch total gleich ist, da die Individualität so konform ist, dass letzten Endes alle gleich aussehen.

Rubey: In Wien ist das nicht so. Womit Sie schon recht haben, ist, dass der Film typische Wiener Bobo-Orte zeigt, den Naschmarkt etwa oder das Café Phil. Privat sind das weniger meine Orte.

STANDARD: Sie sind doch so etwas wie das Gesicht von Wien-Bobostan!

Rubey: Ja das mag schon stimmen, aber ich bewege mich so viel unter Künstlern und Schauspielern, dass ich persönlich Spelunken im 15. Wiener Gemeindebezirk vorziehe.

STANDARD: Wohnen Sie auch dort?

Rubey: Ja! Ich wohne im Ghetto (lacht)!

STANDARD: "Zweisitzrakete" ist eine Liebeskomödie, eigentlich ein ungewöhnliches Genre für den österreichischen Film.

Rubey: Dass der Film keine Begeisterungswellen im Feuilleton auslösen wird, war von Anfang an klar. Es ist der Versuch, den österreichischen Feel-bad-Movies etwas entgegenzusetzen. Bei einem Film wie Zweisitzrakete nimmt man den Boulevard mit, muss ihn auch mitnehmen, weil der Film nur dann funktioniert, wenn er auch an der Kasse gut läuft.

Jung: Das Lustige ist, dass das, was Manuel über den österreichischen Film sagt, ich über den deutschen Film sage. Auch in Deutschland gibt es eine Kluft zwischen Filmen, die künstlerisch wertvoll sein wollen, und jenen, die die breite Masse ansprechen.

STANDARD: Filmstars sind als Werbeträger für die Mode von immenser Bedeutung. Inwieweit betrifft Sie dieses Phänomen auch?

Jung: Für den roten Teppich wird man oft ausgestattet. Ich weiß, wenn mir ein Kleid gefällt. Und wenn nicht. Aber ich muss immer noch lernen, auf Mode zu achten, ich bin sehr viel mehr an Gesichtern interessiert, was der- oder diejenige für Klamotten anhatte, merk ich mir oft gar nicht.

Rubey: In Österreich hinken wir dem hinterher. In Deutschland stehen bei großen Agenturen die Ausstatterkisten im Vorzimmer. Jeder Schauspieler hat seine Deals. Vor kurzem habe ich für eine Zeitschrift mein erstes Modeshooting überhaupt gemacht, da hat mich der Stylist entgeistert angesehen, wie ich gesagt habe, dass ich für Mode noch bezahle. Er wollte mich gleich vermitteln. Jetzt warte ich mal ab (lacht).

STANDARD: Beim Shooting wollten Sie auf keinen Fall mit Ihrer Verkörperung des Falco in Verbindung gebracht werden. Sorgen Sie sich um Ihr Image?

Rubey: Nicht mehr mit Falco verwechselt zu werden ist mir wichtig. Wenn ich diese Rolle nicht ablege, werde ich immer damit verbunden werden. Bis heute habe ich über 200 Anfragen, den Falco zu geben. Ich mache das einfach nicht mehr. Auch wenn mir die Rolle viele Türen geöffnet hat.

STANDARD: Stylingmäßig war Falco ein anderes Kaliber als der Manuel in "Zweisitzrakete".

Rubey: Ehrlich gesagt, hat mich Falco stylingmäßig überhaupt nicht interessiert. Ich finde die Achtzigerjahre unerträglich, sowohl was die Musik als auch was die Mode anbelangt. Auch wenn es Spaß gemacht hat, all die unterschiedlichen Kostüme anzuziehen, es waren insgesamt über 80.

STANDARD: Im weißen Anzug haben Sie aber super ausgesehen!

Jung: Fast wie heute beim Shooting!

Rubey: Ich habe einmal eine Lecture von Tilda Swinton gehört, in der sie nach dem Geheimnis ihres Berufs gefragt wurde. Ihre Antwort: Dress up and play. Wir verkleiden uns und spielen. Das ist es! (Stephan Hilpold, Rondo, DER STANDARD, 01.03.2013)