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Mario Montis Reformkurs wird von Merkel gefordert - die Italiener haben ihn abgewählt.

Foto: REUTERS/Yves Herman

Einen Tag nach der Parlamentswahl in Italien haben sich die europäischen Nachbarn am Dienstag besorgt über den sich abzeichnenden politischen Stillstand im Land gezeigt. Weder der Mitte-links-Block von Pier Luigi Bersani noch das Mitte-rechts-Bündnis des früheren Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi hatte eine klare Mehrheit in beiden Parlamentskammern erreicht. Das löste vor allem in Deutschland große Besorgnis über den künftigen Kurs Italiens und Auswirkungen auf die Eurozone aus.

Die deutsche Regierung forderte am Dienstag eine stabile Regierung in Italien und die Fortsetzung des Reformkurses des bisherigen Ministerpräsidenten Mario Monti. Kanzlerin Angela Merkel wandte sich strikt gegen die Einschätzung, das Wahlverhalten sei auch eine Reaktion auf den Sparkurs der Regierung. Das Gegenteil sei der Fall: Eine vernünftige Sparpolitik sei Voraussetzung für Wachstum. Solide Finanzen und Wachstum seien zwei Seiten einer Medaille.

Merkel appellierte an das Verantwortungsbewusstsein der italienischen Politiker. Diese müssten das Beste aus dem knappen Ergebnis für Italien und Europa machen, sagte sie nach Angaben von Teilnehmern einer Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Rompuy fordert handlungsfähige Regierung

Kurz darauf rief auch EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy Italien zur Bildung einer handlungsfähigen Regierung auf. "Jetzt liegt es an den führenden Politikern, die notwendigen Kompromisse zu schließen, um eine stabile Regierung zu bilden", sagte Van Rompuy bei einem Besuch in der estnischen Hauptstadt Tallinn. Es gehe darum, den Kurs der finanziellen Konsolidierung und der Reformen zu halten. Dazu gebe es keine Alternative. Er zeigte sich überzeugt, dass Italien weiterhin ein stabiler Partner der Eurozone bleiben werde.

"Wir sind zuversichtlich, dass Italien rasch eine Regierung bekommt und seine europäischen Verpflichtungen einhält", sagte EU-Kommissionssprecher Olivier Bailly. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sagte: "Wir brauchen eine stabile Regierung in einem der wichtigsten EU-Mitgliedsstaaten."

Die Kommission forderte Italien auf, nicht vom Reform- und Sparkurs abzuweichen: "Es ist selbstverständlich wichtig, dass Italien Reformen weiterführt, um nachhaltiges Wachstum und die Schaffung von Jobs zu sichern", sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn nach Angaben seiner Behörde.

Bei der italienischen Regierungsbildung droht eine Hängepartie, weil keines der politischen Lager in beiden Parlamentskammern eine ausreichende Mehrheit hat. Italien gilt wegen seiner hohen Verschuldung von geschätzt 128 Prozent der Wirtschaftsleistung in diesem Jahr als Euro-Wackelkandidat. Anders als Portugal, Griechenland und Irland bezieht das Land aber keine Hilfsgelder internationaler Geldgeber.

EU-Kommission hat "volles Vertrauen in die italienische Demokratie"

"Wir unterstützen weiter Italien und die Italiener", sagte Kommissionssprecher Bailly. Er erinnerte daran, dass Italien ein Gründungsmitglied der EU sei. "Wir haben volles Vertrauen in die italienische Demokratie."

Schulz erinnerte daran, dass Italien zum Klub der reichsten Industriestaaten der Welt gehört, den G8. "Ich hoffe, dass Italien den Weg zur Stabilität findet." Die EU müsse es sehr ernst nehmen, dass sich Protest gegen Sparmaßnahmen äußere, die als von der EU aufgedrückt gälten. Er sprach von einer Schuldzuweisung, bei der schmerzliche Maßnahmen Brüssel zugeschoben würden. (APA/red, derStandard.at, 26.2.2013)