Warschau/Danzig - Das Eindringen von 50 maskierten NationalistInnen in einen Vorlesungssaal an der Universität Warschau vor einer Woche hat die Politik und den akademischen Betrieb nachhaltig verunsichert. An der Universität Gdansk (Danzig) wurde nun eine Diskussion über ein Partnerschaftsgesetz für gleichgeschlechtliche Paare abgesagt, weil verschiedene nationalistische Organisationen gegen die Veranstaltung protestiert hatten.

Weitere Auseinandersetzungen befürchtet

"Wir sind der Ansicht, dass die aufgeheizte Stimmung, die sich durch Zwischenfälle an anderen Hochschulen ausgedrückt hat, bei uns zu einem ähnlichen Effekt führen könnte", erklärte der Leiter des Akademischen Kultur-Zentrums ACK an der Universität Michal Bieluszko gegenüber der Zeitung "Gazeta Wyborcza". Deshalb habe das ACK die Veranstaltung abgesetzt.

Gegen die Entscheidung protestierte die linksliberale Partei "Bewegung Palikots" (RP), die sich für ein Partnerschaftsgesetz stark macht. "Wir sind beunruhigt, dass die Universität unwissenschaftlichen und hasserfüllten Argumenten nachgegeben hat", heißt es in einem Brief des RP-Abgeordneten Robert Biedron an die Leitung der Hochschule.

"Schamlose Werbung für Homosexuelle"

Gegen die Veranstaltung hatte dieselbe Organisation gehetzt, die auch für die Ereignisse in Warschau verantwortlich war. "Das wird eine schamlose Werbung für Homosexualität, wir rechnen mit dem Widerstand der Danziger Studenten", heißt es auf der Facebook-Seite der "Unabhängigen Akademischen Vereinigung" (NSA), über die noch relativ wenig bekannt ist. Auch die nationalistische "Allpolnische Jugend" (MW) hatte gegen die Veranstaltung protestiert.

Zur Aktion der Maskierten in Warschau ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft wegen Hausfriedensbruch. Die Männer und Frauen hatten einen Vortrag der Philosophie-Professorin Magdalena Sroda gestört. Sie beschimpften die Anwesenden und die Wissenschaftlerin mit vulgären Sprechchören. Erst nach mehreren Minuten verließen sie den Saal, um danach auf dem Gang weiter zu grölen. "So etwas hat es seit vielen Jahren nicht mehr bei uns gegeben", sagte die Sprecherin der Universität Anna Korzekwa.

Ministerpräsident Tusk warnt vor Eskalation

Auch Ministerpräsident Donald Tusk bezog Stellung. "Wenn wir demgegenüber gleichgültig bleiben, dann werden diese oder andere Maskierte in einer Woche oder einem Monat einen Teilnehmer der Veranstaltung schlagen und beim übernächsten Mal auch die Professorin", erklärte er im Parlament. Der Regierungschef verglich den Vorgang mit einer Szene aus dem Film "Cabaret" mit Liza Minnelli, bei der im Deutschland der Weimarer Republik aus einer scheinbar harmlosen Gesangsdarbietung eine Demonstration für den Nationalsozialismus wird. Hier könne es sich um den "gleichen Mechanismus" handeln, so Tusk, deshalb müssten Staat und Politik solche Vorfälle ernst nehmen. (APA, 26.2013)